Neuerdings schränken viele Krankenversicherer die Leistungen für IVF in ihren AVB (Allgemeinen Versicherungsbedingungen) dem Grunde und der Höhe nach oft ganz erheblich ein! Oft stehen diese Einschränkungen – etwas versteckt – in den Tarifbedingungen und nicht im Hauptteil der AVB!

Empfehlung: Bei Neuabschluss aber auch Änderung eines bestehenden Vertrages (z.B. Tarifwechsel oder Änderung der Selbstbeteiligung!)  sollte man das Kleingedruckte genauestens von A-Z lesen und prüfen!

So sieht z.B. der Tarif  AktiMed Best 90 der Allianz Private Krankenversicherung mehrere Hürden und Beschränkungen für Leistungen zur künstlichen Befruchtung vor, u.a. Folgende:

  • Einreichung eines Kostenplanes vor Behandlungsbeginn
  • Genehmigung des Kostenplanes vor Behandlungsbeginn
  • weibliches Höchstalter unter 41
  • maximal 2 Geburten
  • Vorleistungspflicht der KV des Partners mit der Folge, dass nur der  verbleibende Kostenrest getragen werden soll

Das Absegnen eines Behandlungsplanes als formale Leistungsvoraussetzung ist zwar in der GKV (gesetzliche Krankenversicherung) häufig und dort auch geläufig – in der PKV aber bisher seltene Ausnahme! Unserer Mandantin war diese Klausel unbekannt und sie begann die IVF-Behandlung ohne Einreichung eines solchen Behandlungsplanes. Prompt verweigerte die Allianz allein schon aus diesem formalen Grund die Leistung. – Zurecht, wie das OLG München befand (Beschluss vom 13.04.2011).

Das Fatale ist, dass sich dieser Mangel auch nicht mehr heilen lässt durch nachträgliche Einreichung eines Kostenplanes!

Das OLG München hatte gegen die Klausel keine Bedenken soweit es um das Verlangen eines vorherigen Behandlungsplanes und dessen Genehmigung ging.  Das OLG äußerte jedoch Zweifel an der Rechtmäßigkeit der „Vorleistungsklausel“ und bezeichnete unsere Argumente gegen die Wirksamkeit der Vorleistungsklausel als „gewichtig“. Im Ergebnis ließ das OLG aber die Frage offen, weil es nach seiner Auffassung für diesen Rechtsstreit darauf nicht entscheidungserheblich ankam.

Das OLG hielt nämlich die gesamte Klausel teilbar in einzelne inhaltlich trennbare Teilregelungen. In diesem Falle würde sich die Unwirksamkeit eines Teils der Klausel nicht auf den übrigen Rest der Klausel auswirken.

So sparte sich im Ergebnis die Allianz ca. 15.000.- € Behandlungskosten, weil die Versicherungsnehmerin es übersehen hatte, dort vorher einen Behandlungsplan vorzulegen und dessen Genehmigung bei der Allianz einzuholen!

Wenigstens waren die Kosten nicht unnütz: im 4. Behandlungszyklus konnte eine Schwangerschaft erzielt werden!

Leider hat das OLG München die Revision zum BGH nicht eröffnet, sodass eine höchstrichterliche Beurteilung dieser Tarifklausel noch aussteht.

Anmerkung: Zu einer ähnlichen IVF-Klausel (Tarif Compact PRIVAT Optimal) einer anderen Krankenversicherung hat inzwischen das OLG Zweibrücken am 14.12.2011 gegenteilig entschieden und hielt die dortige Klausel insgesamt für unwirksam! – siehe dazu gesonderter Artikel in dieser Kategorie!