Die Versicherung des Mannes wollte bei folgender Konstellation die Kosten der Sterilitätsbehandlung nicht erstatten. Der BGH hat am Ende der Klage unseres Mandanten in vollem Umfang stattgegeben:
6 Inseminationsbehandlungen verliefen frustran; daran anschließende 5 IVF/ICSI-Zyklen ebenso. Es konnte zwar 1 x eine Schwangerschaft erzielt werden; diese war aber leider nicht von Dauer. Die Spermiogramme waren schwankend, meist deutlich eingeschränkt (5 von 8). Der Sachverständige bestätigte in seinem Gutachten die Spermienanomalie.
Dies genügte dem Landgericht für eine volle Verurteilung der Versicherung gemäß unserem Klageantrag. – Nicht so das OLG München: es kam zur gegenteiligen Einschätzung und wies die Klage ab. Der BGH gab letztinstanzlich unserem Mandanten Recht.
Das OLG spekulierte damit, dass die Ursache für die Spermienanomalie unklar sei; Stress, Alkohol, Nikotin, Medikamente, Jahreszeit (!) oder andere Umwelteinflüsse könnten eine Rolle spielen. Dazu habe der Kläger nichts vorgetragen. Mit anderen Worten: das OLG verlangte nicht nur den Nachweis einer Krankheit (hier Subfertilität) sondern – darüber hinaus – die Darlegung, welche „tiefere“ Krankheitsursache die Spermienanomalie herbeigeführt habe!
Medizinisch betrachtet ist die Sichtweise des OLG ziemlicher Unsinn – denn wie soll bei oftmals multikausal beeinflussten, organischen Prozessen ein positiver (!) Nachweis zum Kausalitätsanteil eines Ursachenfaktors berechnet werden!? Und ist dieser Kausalitätsfaktor der Anfang des Krankheitsgeschehens oder hat auch er seinerseits wieder tiefer liegende Ursachen, denen dann auch noch nachzugehen wäre?
Rechtlich gesehen ist die Ansicht des OLG München schlichtweg falsch.
Der BGH fand deutliche Worte. „Im Ansatz verfehlt“ seien die Überlegungen des OLG und „grundlegend verkannt“ habe das OLG den Krankheitsbegriff und die Anforderungen an einen Nachweis der Krankheit. Der BGH verurteilte daher die Versicherung zur vollen Kostenübernahme (Urteil vom 15.09.2010). Zur Bejahung des Versicherungsfalles genüge es, wenn der Kläger das Vorliegen einer körperlichen Anomalie (hier wiederholt schlechte Spermienqualität, belegt durch Spermiogramme), die die Zeugungsfähigkeit beeinträchtigt, nachweise. Das sei hier auch gelungen. Welche weitere Ursache(n) hinter dieser Krankheit stehen, müsse dagegen nicht dargelegt werden.