Urteile zur IVF-Kostenübernahme, kommentiert von RA Modl
Inhalt – Urteile IVF Kosten / Steuerrecht
- Kosten PID absetzbar auch bei nicht verheiratetem Paar (BFH 2024) lesen
- Kosten Ersatzmutterschaft steuerlich nicht absetzbar lesen
- Kosten PID (Trophektodermbiopsie) absetzbar, Kosten Eizellspende unter Verwandten aber nicht (BFH 2022) lesen
- Dreierregel und „Deutscher Mittelweg“ – zur Auslegung des ESchG durch BFH, Auslands – ICSI lesen
- Prozesskosten für IVF-Klage u.U. als außergewöhnliche Belastung steuermindernd absetzbar, § 33 EStG – BFH ändert seine Rechtsprechung (Urteil 12.05.2011) lesen
- Kosten der homologen IVF (weibliche Krankheit) sind außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 EStG lesen
- Kosten IVF/ICSI-Behandlung (männliche Krankheit) sind außergewöhnliche Belastung, § 33 EStG – auch bei ungünstigen Erfolgsaussichten der Behandlung, auch für 2. Kind lesen
- Kosten “heterologer” IVF (eheähnliche Partnerschaft) sind bei heterosexuellem Paar außergewöhnliche Belastung, § 33 EStG – Änderung der Rechtsprechung! lesen
- Donogene Samenspende bei Ehepaar – BFH ändert seine Rechtsprechung: Behandlungskosten doch absetzbar nach § 33 EStG! lesen
- IVF bei lesbischer Frau – Kosten steuerlich absetzbar wenn … ! lesen
- IVF – Behandlungskosten wegen früherer, freiwilliger Sterilisation sind keine außergewöhnliche Belastung lesen
Inhalt – Urteile IVF Kosten / GKV
- Zum Leistungsumfang: 2 weitere ICSI nach 5 Kryotransfers aus 1. Punktion lesen
- DAK Mehrleistung für IVF, § 19 b DAK – Satzung: klingt besser als sie ist! lesen
- Höchstaltersgrenze – worauf kommt es an? lesen
- PID – PID bei männlichem Gendefekt ist noch keine Kassenleistung laut BSG (Urteil 18.11.2014) lesen
- gemischt versichertes Paar (Mann 50 % PKV/Frau GKV) – Ansprüche bestehen nebeneinander (BSG 2023) lesen
- gemischt versichertes (PKV / GKV) Kinderwunschpaar (II) – BSG 2023 korrigiert Auffassung LSG Berlin-B 2015 lesen
- ICSI – auch bei niedriger Spermienkonzentration keine Ausnahme von strengen Grenzwerten der Richtlinien (BSG 21.06.2011) lesen
- IVF + PKD (Polkörperdiagnostik): erlaubt, aber dennoch keine Kassenleistung nach § 27 a SGB V (Stand vor BGH-Urteil vom 06.07.2010) lesen
- IVF + PID (Präimplantationsdiagnostik) im Ausland – z.Z. keine deutsche Kassenleistung (Urteile aus 2007) lesen
- Kryokosten (I) – Diese gehören derzeit nicht zum Leistungsumfang der Krankenkassen, aber es gibt Ausnahmen! lesen
- Kryokosten (II): Kassenleistung wenn Behandlung einer “Grunderkrankung” (hier: Strahlentherapie, Konservierung + Reimplantation von Eierstockgewebe) – zur Abgrenzung § 27 / § 27 a SGB V lesen
- „gemischt versichertes” (PKV / GKV) Kinderwunschpaar (I) – Wahlrecht bei sich überschneidenden Leistungen der PKV / GKV lesen
- Abstimmungsproblem GKV / PKV: Systemlücke = Leistungslücke – keine volle Kostenübernahme durch Krankenkasse, wenn der (gesunde) Ehepartner privat versichert ist (BSG)! lesen
- ab 1.1.2004: Behandlungsrahmen nur noch 3 x IVF – aber ganz oder z.T. wieder eröffnet nach Geburt, bei Schwangerschaft aus IVF lesen
- Leistungsbegrenzung auf 50 % der Behandlungskosten bei IVF ab 1.1.2004 ist rechtmäßig lesen
- Höchstalter für Frauen bei IVF ab 1.1.2004: jetzt schon bei 40; Geltung auch im gemischt versicherten Ehepaar! lesen
- Höchstalter 50 Jahre für Männer bei IVF ab 1.1.2004 lesen
- ICSI-Behandlung und auch weiterer Kinderwunsch (2. oder weiteres Kind) sind Kassenleistungen (BSG-Urteil 2001) lesen
- Heterologe IVF-Behandlung (I) – Eizellspende ist keine Kassenleistung lesen
- „Heterologe” IVF-Behandlung (II) – IVF bei nichtehelicher Lebensgemeinschaft derzeit leider auch keine Kassenleistung (Ehevorbehalt) lesen
- Frühere freiwillige Sterilisation des Mannes und wieder auflebender Kinderwunsch in gleicher oder neuer Ehe – i.d.R. keine IVF-Kostenübernahme lesen
Leistung der PKV (50 %) schmälert Leistung der GKV nicht (BSG 2023)
Die PKV (private Krankenversicherung) des fertilitätskranken Ehemanns hatte tarifgemäß 50 % der Kosten einer Kinderwunschbehandlung übernommen. Deswegen lehnte die Krankenkasse (GKV) der Ehefrau Sachleistungen für die Behandlungen gemäß § 27 a SGB V zum gesetzlichen Anteil von 50 % ab mit der Begründung, dass 50 % ja schon durch die PKV des Mannes erstattet wurden. Sie wollte also von dieser „fremden“ Leistung profitieren.
Das wollte die Frau nicht akzeptieren und klagte gegen den Ablehnungsbescheid.
Die Vorinstanzen (Sozialgericht Speyer und LSG Rheinland-Pfalz) gaben der GKV Recht und wiesen die Klage ab. Auf Revision der Klägerin urteilte das BSG jedoch anders und gab der Klägerin recht! Das BSG war der Auffassung, dass die Leistung der PKV des Mannes nicht den Leistungsanspruch der Frau gegen ihre GKV schmälert. Es hob daher die Entscheidungen der Vorinstanzen und den Ablehnungsbescheid der Krankenkasse auf und verurteilte diese, an die Klägerin 2518 € Behandlungskostem zu zahlen.
Aufwendungen für Ersatzmutterschaft nicht steuerlich absetzbar als außergewöhnliche Belastung
Aufwendungen eines gleichgeschlechtlichen Paares mit unerfülltem Kinderwunsch für künstliche Befruchtung und Schwangerschaft mittels Ersatzmutterschaft sind keine außergewöhnlichen Belastungen (Urteil BFH vom August 2023).
2 miteinander verheiratete Männer wollten ihren Kinderwunsch mittels künstlicher Befruchtung und Austragen der Schwangerschaft durch eine Ersatzmutter erfüllen. Die Aufwendungen hierfür machten sie als außergewöhnliche Belastung steuermindernd geltend. Das Finanzamt lehnte einen Abzug allerdings ab. Ihre Klage blieb erfolglos.
Zwar sind Kosten einer Krankenbehandlung in der Regel als außergewöhnliche Belastung steuermindernd anzuerkennen. Jedoch resultiert hier die Kinderlosigkeit nicht aus einer Krankheit sondern aus biologischen Grenzen und Gesetzmäßigkeiten (2 Männer), so der Bundesfinanzhof. Ferner ist die Ersatzmutterschaft in Deutschland gesetzlich durch das Embryonenschutzgesetz (ESchG) verboten und könne schon deswegen im Steuerrecht nicht gefördert werden. Eine Gleichbehandlung mit der – andererseits zulässigen – Samenspende sei verfassungsrechtlich nicht geboten, so der BFH. Auch die Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe – „Ehe für Alle“ – im Jahr 2017 ändert daran nach Auffassung des BFH nichts, da die Kinderlosigkeit der gleichgeschlechtlichen Ehe letztlich biologisch begründet ist und auch eine kinderlose Ehe geschützt ist.
Inhalt – Urteile IVF Kosten / öffentlicher Dienst
- Leistung (50 %) der PKV ist nicht auf Beihilfe anzurechnen lesen
- Kryokonservierung von Eizellen wegen PID (Trophektodermbiopsie) bei weiblichem Genfehler beihilfefähig (Hessen) lesen
- Beihilfe Bund – extrakorporale Maßnahmen ICSI beihilfefähig beim Mann, unabhängig von GKV der Frau lesen
- Bremen § 8a BremBVO – keine Anrechnung der Beihilfe für IUIs auf nachfolgende IVF lesen
- Hessen – Beihilfe auch für Nichtverheiratete (Hes. VGH) lesen
- Bayern – Kryotransfer u. u. beihilfefähig! (Bay. VGH) lesen
- zu § 43 Bay. BhV – Ausschluss eines Kostenteils durch Verweis auf Kassenrichtlinien wohl rechtswidrig! lesen
- Beihilfe für heterologe IVF (Baden-Württemberg) – Anspruch auf genetisch eigenes Kind lesen
- Leistungslücke Beihilfe / PKV bei IVF ist von Beihilfeberechtigtem hinzunehmen (OVG NRW 29.8.2012) lesen
- Bayern – Kosten der IFV nicht beihilfefähig bei ‘nur verlobtem’ Paar; Ehevorbehalt lesen
- Baden-Württemberg – Kosten der IVF auch bei nicht verheiratetem Paar beihilfefähig lesen
- NRW – keine Beihilfe für heterologe Insemination und IVF trotz langjähriger Lebensgemeinschaft; Ehevorbehalt lesen
- Beihilfe beschränkt auf 4 x IVF (Behandlung 1996) lesen
- Beihilferecht – Übernahme der kassenrechtlichen Höchstaltersgrenzen zulässig lesen
- Leistungslücke Beihilfe Bund /Beihilfe Hessen bei IVF bei gemischt beihilfeberechtigtem Paar ist hinzunehmen (BVerwG) lesen
- Kryokosten (hier: Sperma) – ausnahmsweise (als Nebenleistung) beihilfefähig (BVerwG 2006) lesen
- Heilfürsorge Soldaten – aber Leistung für IVF bei Soldatin (Urteil 2003) lesen
- Heilfürsorge Soldaten – keine Leistung für ICSI (BVerwGe 2001) lesen
- Heilfürsorge Soldaten – wieder keine Leistung für ICSI (VGH Mannheim 2001) lesen
Leistung der PKV (50 %) schmälert Beihilfe nicht
Der kranke Bundesbeamte war mit 50 % bei der DKV AG privat krankenversichert und daneben beihilfeberechtigt. Die DKV erstattete ordnungsgemäß ihren Teil der Behandlungskosten, in diesem Fall 50 %. Die Beihilfe verweigerte ihre Leistung mit dem Argument, 50 % seien ja schon von der DKV erstattet worden; damit sei sie von ihrer eigenen Leistungspflicht frei geworden.
Diese Meinung hat aber im geltenden Beihilferecht keinerlei Grundlage und ist daher irrig. Die Klage des Beihilfeberechtigten war in beiden Instanzen erfolgreich (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom Februar 2023).
Beihilfe Hessen – Kryo -Kosten anlässlich Trophektodermbiopsie (PID wegen Gendefekt) sind beihilfefähig
Beihilfe (Hessen) für Kosten anlässlich Kryo-Behandlung von Eizellen zwecks PID wegen weiblichem Gendefekt (Robertsonsche Translokation 13/14) – Urteil des VG Gießen vom 14.12.2021):
Zum Sachverhalt:
Unsere Mandantin litt an einer genetischen Erkrankung; bei ihr lag eine sogenannte Robertsonsche Translokation 13 / 14 vor. In der Vorgeschichte hatte sie mehrere Aborte erlitten, da die Embryonen den Erbfehler trugen und nicht lebensfähig waren. Deswegen war im Rahmen einer PID (Präimplantationsdiagnostik) eine Trophektodermbiopsie (genetische Untersuchung an Blastozysten) medizinisch indiziert; diese Behandlungsmethode erfordert eine Kryokonservierung der Eizellen, deren Diagnostik und ggf. späteren Transfer der erbgesunden Eizellen im Rahmen einer künstlichen Befruchtung. Die zuständige Ethikkommission hatte die Behandlung befürwortet.
Die Beihilfestelle des Landes Hessen trug zwar die Kosten der PID, wollte aber die Kosten der gleichfalls erforderlichen Kryokonservierung der Eizellen nicht übernehmen – zu unrecht, wie das Verwaltungsgericht Gießen auf unsere Klage entschied.
2 weitere ICSI – Behandlungsversuche nach 5 Kryotransfers aus 1. Punktion
Sozialgericht München zum Leistungsumfang für weitere ICSI – Behandlung nach 1. Punktion und Kryotransfers:
Unsere Mandantin führte einen ersten Behandlungsversuch IVF/ICSI durch; nach der Punktion der Eizellen war ein „Frischtransfer“ aus medizinischen Gründen nicht möglich. Eine sofortige Übertragung von befruchteten Eizellen konnte nicht erfolgen; sie wurden daher kryokonserviert. Später wurden sie transferiert, und zwar in 5 Transferversuchen. Da es dabei zu keiner Schwangerschaft aus den befruchteten Eizellen kam, wollte unsere Mandantin neuerliche ICSI – Behandlungen durchführen. Leistungen dafür lehnte ihre Krankenkasse, die TK, ab. – Zu unrecht, wie das SG München entschied.
Kosten PID-Behandlung (Trophektodermbiopsie) i.V. ICSI bei medizinischer Indikation als außergewöhnliche Belastung steuerlich absetzbar – Kosten Eizellspende einer nahen Verwandten aber nicht
PID – Behandlung (Präimplantationsdiagnostik) und Eizellspende der Schwester nach 4 Fehlgeburten:
Unsere Mandantin erlitt in der Vorgeschichte 4 Fehlgeburten. Um dies für die Zukunft und eine weitere Schwangerschaft auszuschließen, nahm sie eine PID – Behandlung (Präimplantationsdiagnostik) an ihren eigenen Eizellen mittels Trophektodermbiopsie vor; zum Zeitpunkt dieser Behandlung war sie ca. 40 Jahre alt. Die damit verbundenen Behandlungskosten wollte das Finanzamt nicht steuermindernd als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 EStG (Einkommenssteuergesetz) anerkennen; es meinte u.a., die Kinderlosigkeit liege am Alter und Alter sei keine Krankheit.
Ferner ließ sich unsere Mandantin in Belgien – dort erlaubt – mit erbgesunden Eizellen ihrer Schwester behandeln, um eine Schwangerschaft mit einem erbgesunden Kind zu erreichen. Die Eizellspende (auch unter nahen Verwandten) ist allerdings in Deutschland – derzeit – nach dem ESchG (Embryonenschutzgesetz) verboten. Das Finanzamt lehnte auch diese Behandlungskosten als außergewöhnliche Belastung ab.
Bei Gericht erzielte unsere Mandantin einen Teilerfolg.