IVF und auch Zusatzmaßnahmen der ICSI-Behandlung sind grundsätzlich Kassenleistung. Das Nähere regelte der Gesetzgeber in § 27 a SGB V; medizinische Details sind ferner in den einschlägigen Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses gemäß § 92 SGB V bestimmt.

Diese Richtlinien sehen nun für die Indikation einer ICSI-Behandlung im Kassenrecht strenge Grenzwerte vor, insbesondere bezüglich des Grenzwertes für die Progressivmotilität der Spermien (im Nativsperma < 25 % wenn die weiteren Grenzwerte auch unterschritten sind bzw. < 15 % „isolierter Grenzwert“).

Im Ausgangsverfahren wurde dem Kläger von seiner Krankenkasse, der Barmer EK, ICSI-Heilbehandlung versagt mit der Begründung, die Spermaqualität sei zwar schlecht aber nicht schlecht genug für eine ICSI-Behandlung. Konkret lagen die Werte von 3 Spermiogrammen bei 25 %, 25 % und 66%. Allerdings war bei ihm die Spermienkonzentration sehr gering (jeweils unter 2,0 Mio/ml Nativsperma).

Der Kläger und die Behandler sahen daher sehr viel größere Erfolgschancen für die künstliche Befruchtung, wenn nicht alleine eine IVF-Maßnahme sondern eine kombinierte IVF/ICSI-Behandlung durchgeführt würde.  Die männliche Subfertilität erfordere eine kombinierte IVF/ICSI-Behandlung, da Spermaqualität und Spermakonzentration schlecht seien.

Dieser Sicht war auch das LSG Schleswig gefolgt. Die Regelung in den Richtlinien sei für den Fall des Klägers mit stark schwankenden, meist grenzwertigen Motilitätswerten und zusätzlich sehr geringer Konzentration zu streng, sachlich nicht gerechtfertigt und daher rechtswidrig. Neben der Einschränkung in der Progressivmotilität müsse nämlich noch zusätzlich berücksichtigt werden, dass die Spermakonzentration sehr gering war.  Im Ergebnis sei dem Kläger ICSI-Heilbehandlung zu gewähren.

Nun hat leider das BSG gegenteilig entschieden und die Klage abgewiesen (Urteil vom 21.06.2011). Die strengeren Grenzwerte der Richtlinien (Stand 2006) für ICSI gegenüber IVF seien vertretbar; neuere medizinische Erkenntnisse, die zu einer anderen Beurteilung zwingen würden, seien – so das BSG – nicht ersichtlich.