Rechtliche Ausgangslage:

In der PKV (Private Krankenversicherung) gilt grundsätzlich das sogenannte Verursacherprinzip. Das bedeutet für eine Kinderwunschbehandlung und deren Kostenübernahme durch die PKV,  dass die Krankenversicherung nur dann eintrittspflichtig ist, wenn das Vorliegen einer Krankheit des Versicherungsnehmers (bzw. der versicherten Person) nachgewiesen werden kann. Ist das der Fall, dann muss die PKV für die Gesamtkosten der hierzu nötigen Behandlung eintreten. Ist der Mann krank und eine IVF/ICSI – Behandlung deswegen indiziert, so muss nach diesem Grundsatz die PKV des kranken Mannes für die Gesamtkosten dieser IVF/ICSI – Behandlung eintreten.

Zum Fall:

Die INTER Krankenversicherung aG wollte allerdings nur einen geringen Teil der notwendigen Behandlungskosten erstatten unter Berufung auf ihre AVB (Allgemeine Versicherungsbedingungen). Dort findet sich eine Einschränkung des Leistungsumfangs – gegen den beschriebenen Grundsatz der vollständigen Kostenerstattung. So findet sich in ihren AVB (Stand 08.2013) in § 4 Abs. 10 „künstliche Befruchtung“ die Regelung, dass nur die Aufwendungen erstattungsfähig sind, die Untersuchungen und Behandlungen bei der versicherten Person betreffen.

Darin ist – verklausuliert – eine Kostenfalle versteckt!

Denn der ganz überwiegende Teil der Behandlungsmaßnahmen findet naturgemäß „bei der Frau“ statt – nur sie kann aus biologischen Gründen schwanger werden – mit der fatalen Folge, dass die PKV des kranken Mannes – auf der Basis dieser strittigen Klausel – dann nur für die Behandlungsmaßnahmen eintreten müsste, die „beim Mann“ stattfinden. Das sind keine oder nur wenige.

Unser Mandant klagte vor dem Landgericht Traunstein die nicht erstatteten restlichen Behandlungskosten ein. In diesem Prozess kam es daher entscheidend auf die Rechtsfrage an, ob die Klausel in den AVB der INTER rechtlich zulässig ist oder nicht. Das LG Traunstein hielt die Klausel für wirksam und wies daher insoweit die Klage unseres Mandanten ab. – Das Oberlandesgericht München sah aber die Sache anders!

Die Rechtsmeinung des OLG München:

Nach unserer Berufung gegen das Urteil des LG Traunstein äußerte das OLG München Zweifel an der Wirksamkeit der Klausel der INTER. Sie verstoße gegen das Verursacherprinzip. Dieses habe Leitbildcharakter für  die PKV. Eine Klausel, die damit in Widerspruch steht, könnte u. U. den Kläger unangemessen benachteiligen und sei dann unwirksam, so das OLG München.

Nach diesem gerichtlichen Hinweis unterbreitete die INTER das Angebot, dass sie 80 % der strittigen Differenzkosten noch nacherstatte.

Damit war unser Mandant einverstanden, um den Prozess abzukürzen. Ein entsprechender Vergleich wurde zwischen der INTER und unserem Mandanten abgeschlossen.