Sachverhalt:

Während seiner früheren Ehe ließ sich der Mann sterilisieren; die genauen Gründe dafür klärte das Sozialgericht im bisherigen Verfahren nicht auf. In seiner neuen Ehe wollte er nun mit seiner jetzigen Ehefrau mittels einer IVF- und ICSI-Behandlung ein Kind.

Urteil:

Das LSG Baden-Württemberg hatte der Klage der Frau statt gegeben. Das BSG hob jedoch dieses Urteil wieder auf. Erstens müsse feststehen, dass eine herkömmliche Refertilisierungsmaßnahme beim Mann nicht zum Erfolg führe. Und zweitens komme eine Kostenpflicht der Krankenkasse der Frau nur bei ungewollter Kinderlosigkeit in Betracht. Dies scheide aus, wenn früher bewusst und freiwillig eine Sterilisation durchgeführt wurde, so z.B. weil die Familienplanung nach damaliger Einschätzung abgeschlossen war, so das BSG (B 1 KR11/03 R, Urteil vom 22.03.2005).

Anmerkung: Das Urteil überzeugt nicht. Denn in Bezug auf die jetzige Ehefrau ist die Kinderlosigkeit des „neuen“ Ehepaares auf jeden Fall ungewollt, da sie mit der früheren Entscheidung in der Vorehe nichts zu tun hatte. Stellt man dagegen nicht auf das Paar sondern nur auf eine damalige Alleinentscheidung des sterilisierten Mannes ab, dann kann man ihm diese als Herbeiführung seiner Unfruchtbarkeit entgegen halten.

Ähnliche Fälle:

Kurze Zeit später entschied der 8. Senat des BSG im Ergebnis genauso (Urteil vom 21.06.2005, B 8 KN 1/04 KR R). Allerdings unterschied sich der Sachverhalt in einem Punkt ganz wesentlich:

Dort hat nämlich das Ehepaar nach der Geburt des ersten gemeinsamen Kindes beschlossen, dass sich der Ehemann aus Gründen der Familienplanung zwecks Empfängnisverhütung sterilisieren ließ, weil seine Frau Kontrazeptiva schlecht vertrug. Später wollte dann dieses Paar ein 2. gemeinsames Kind. – Hier kann man zu Recht davon sprechen, dass die Kinderlosigkeit des Paares(zwischenzeitlich) nicht ungewollt war. Allerdings stellt sich hier die Frage, inwieweit wegen der schlechten Verträglichkeit der Pille etc. eine freiwillige Sterilisation gegeben war.

Abgrenzung:

Der Vorhalt der früheren Sterilisation greift allerdings nur dann durch, wenn die (jetzt ungewollte) Kinderlosigkeit gerade auf der damaligen Sterilisation beruht. Das ist dann der Fall, wenn die heutige Infertilität Folge der damaligen Sterilisation ist, also z.B. eine chirurgische Refertilisierungs-OP scheiterte und auch keine anderen Ursachen für die heutige Unfruchtbarkeit vorliegen (Bay. LSG, Urteil vom 17.04.2012).