idiopathische Sterilität

701, 2010

Verursacherprinzip in der PKV I – Sterilitätsursachen bei beiden Partnern: oft Beweisprobleme!

By |Januar 7th, 2010|PKV Privatversicherung|0 Comments

Bei “gemischten Sterilitätsursachen” des Paares (beide Partner sind jeweils fortpflanzungsbiologisch nicht völlig gesund) ergeben sich sehr oft Probleme aus dem Verursacherprinzip. Für die Versicherer ist diese Konstellation mitunter ein willkommener Anlass, ihre eigene Eintrittspflicht unter Hinweis auf die Krankheit des anderen Partners jeweils zu bestreiten. Die eine PKV verweist dann auf die andere PKV – und umgekehrt. Ergebnis: 2 Kranke – aber keine PKV, die leisten will.

Welche Voraussetzungen für den Nachweis des Versicherungsfalles in dieser speziellen Konstellation gelten, ist leider derzeit in der Rechtsprechung nicht eindeutig geklärt und im Detail strittig.  Die folgenden 2 Urteile des OLG München, die zueinander widersprüchlich sind, verdeutlichen dies. Beide Prozesse wurden von unserer Kanzlei geführt. – Der sicherste Weg in dieser Situation ist es daher, beide Versicherungen zu verklagen. Das ist aber natürlich aufwendig.

  • Sterilitätsursachen bei beiden Ehepartnern:   PKV der mit-kranken Frau ist auf jeden Fall eintrittspflichtig: In diesem Fall litten beide Ehepartner an Krankheiten, die zur Sterilität führen oder diese mit verursachen können; es ließ sich medizinisch nicht aufklären, ” an wem ” die ungewollte Kinderlosigkeit konkret und mit welchen Kausalitätsanteilen lag. Das OLG München (25 U 6476/97, Urteil vom 16.06.1998) nahm die PKV der Frau trotzdem in die Pflicht (der Mann war gesetzlich versichert).
  • aber:  PKV der Frau haftet nicht, wenn deren Krankheit und Krankheitsbeitrag nicht aufklärbar ist – selbst wenn Subfertilität des Mannes von geringem Gewicht ist und sie allein die Paarsterilität nicht erklären kann: Beim Mann (GKV) der Klägerin (PKV) lag eine mäßig ausgeprägte Subfertilität vor. Seine Krankheit alleine konnte nicht ausreichend die langjährige Kinderlosigkeit des Paares erklären. Im übrigen erschien der Mann fortpflanzungsmedizinisch gesund. Da dennoch das Paar kinderlos blieb, mussten weitere Sterilitätsursachen vorliegen, konnten aber nicht belegt werden. Unklar blieb auch, ob diese weiteren, unbekannten Sterilitätsursachen in der Person der Frau oder ihres Mannes vorlagen. Hier wies das OLG München (25 U 3379/04, Urteil vom 23.11.2004) unsere Klage für die Frau ab, da nicht feststand, dass wenigstens eine von mehreren, sicher sterilitätsrelevanten Krankheitsursachen in der Person der Frau lag.

Anmerkung: Im Urteil vom 23.11.2004 überspannt nach unserer Meinung das OLG München die Anforderungen an den Nachweis des Versicherungsfalles. Die Krankenversicherung dient nämlich der Heilbehandlung einer Krankheit und eine solche lag unstreitig – jedenfalls auf das Paar bezogen – vor. Sie dient aber nicht der theoretischen, wissenschaflichen Erforschung von Ursachenzusammenhängen unter mehreren Krankheitsfaktoren und deren Zusammenwirken.

Es liegt auch ein Widerspruch zu einem Urteil des OLG Nürnberg zur idiopathischen Sterilität vor (siehe weiteren Artikel auf dieser Seite)!

701, 2010

Verursacherprinzip in der PKV III – idiopathische Sterilität in der PKV nach herrschender Rechtsprechung kein Versicherungsfall! – doch wann liegt definitiv idiopathische Sterilität vor?

By |Januar 7th, 2010|PKV Privatversicherung|0 Comments

Bei einer Frau konnte die konkrete Ursache ihrer Sterilität nicht gefunden werden. Das Gericht ging aber davon aus, dass sie an Sterilität litt.  Nach dem Urteil des OLG Nürnberg (8 U 850/93, 27.05.1993) ist die IVF-Behandlung in dieser Situation dennoch ein Versicherungsfall. Es komme im Leistungsrecht der privaten Krankenversicherung nicht auf die Kenntnis einer genauen Krankheitsursache sondern auf die Behandlung oder Linderung der Krankheit selbst an. Der zweifellos vorliegende Funktionsausfall bei der Frau (sonst läge ja keine Sterilität vor) wird jedenfalls durch eine IVF-Behandlung in geeigneter und notwendiger Weise behandelt. Dies sei bei ihr ein Fall  idiopathischer Sterilität und begründe die Leistungspflicht ihrer PKV.

Anmerkung: Diese schon etwas ältere und von den Versicherungen seither heftig bestrittene Rechtsauffassung hat jüngst das LG Oldenburg in einem von unserer Kanzlei für eine Münchner Patientin geführten Rechtsstreit bestätigt (LG Oldenburg, Urteil vom 30.11.2007). Schon bei einem “lediglich” diskreten Hinweis auf eine (weibliche) Funktionsstörung der Eileiter (Tubenstörung) musste dort die PKV der Frau für die Kosten der (mehrmaligen) IVF-Behandlung aufkommen – jedenfalls dann, wenn der Mann gesund erscheint und daher die Paarsterilität nicht von ihm verursacht sein kann.

Anders in der GKV:

In der GKV (Gesetzliche Krankenversicherung) ist die Indikation “idiopathische Sterilität” ein klarer Leistungsfall für die GKV. Dies ergibt sich aus den dort gültigen Richtlinien für die ärztliche IVF-Behandlung. Allerdings gilt im Bereich der PKV (Private Krankenversicherung) das Verursacherprinzip – abweichend von der Rechtslage in der GKV!