Urteile zur IVF-Kostenübernahme, kommentiert von RA Modl
kein Ehevorbehalt für IVF – Behandlung: Tarifklausel ist unwirksam
Tarifklausel mit Ehevorbehalt für Kostenübernahme der IVF – Behandlung ist unwirksam
Eine Krankenversicherung wollte mit Hilfe einer Klausel in ihren Tarifbedingungen ihre Leistungspflicht für eine IVF – Behandlung unter die Voraussetzung stellen, dass das Kinderwunschpaar miteinander verheiratet sein muss.
Das geht nicht, stellte das OLG Karlsruhe
Tarif BestMed Komfort der DKV – Leistungsbeschränkung 3 x IVF, Wahlrecht?
Tarif BestMed Komfort BM4 der DKV – Leistungsbeschränkung 3 x IVF, Wahlrecht?
Das Problem:
Eine Klausel in diesem etwas beitragsgünstigeren Tarif der DKV beschränkt die Leistungspflicht bei Kinderwunschbehandlungen in mehrfacher Hinsicht, so z.B. vom Umfang her auf 3 IVF – Behandlungen. – Ist das grundsätzlich wirksam und wenn ja: kann der Versicherungsnehmer (VN) nachträglich die 3 teuersten Behandlungen auswählen, wenn er mehr als 3 durchgeführt hat?
Beihilferecht Bayern – Kryo-Kosten bei IVF u.U. beihilfefähig (Bay. VGH)
Die Kosten für eine Kryobehandlung (z.B. Transfer kryokonservierter Eizellen) werden – völlig undifferenziert – nach gängiger Verwaltungspraxis der Beihilfebehörden für nicht beihilfefähig erachtet.
Dieser pauschalen Ansicht erteilte der Bay. VGH in 2. Instanz eine Absage.
Dreierregel und „deutscher Mittelweg“ – zur Auslegung des ESchG durch den BFH
Kosten einer Auslands – IVF/ICSI – Behandlung absetzbar, auch wenn mehr als 3 Eizellen befruchtet wurden
Dreierregel und deutscher Mittelweg – zur Auslegung des ESchG durch den BFH
Grundsätzlich sind Aufwendungen für eine medizinisch indizierte künstliche Befruchtung als Krankheitskosten steuerlich absetzbar als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 EStG. Das entspricht der inzwischen gefestigten Rechtsprechung des BFH (Bundesfinanzhof).
Das Problem:
Allerdings verlangt der BFH in diesem Zusammenhang, dass die Behandlung im Einzelfall mit der ärztlichen Berufsordnung konform geht und auch im Übrigen mit der deutschen Rechtsordnung, insbesondere mit dem ESchG (Embryonenschutzgesetz), im Einklang ist.
Medizinische Erfolgsprognose auch bei (junger) „Poor Responder“ für IVF/ICSI – Folgezyklen ausreichend
Medizinische Erfolgsprognose auch bei (junger) „Poor Responder“ für IVF/ICSI – Folgezyklen ausreichend
Zum Sachverhalt:
Die Central Krankenversicherung AG war für die Kosten aus dem 1. und 2. IVF/ICSI – Behandlungszyklus eingetreten. Da die Behandlung frustran verlief, wollte das Kinderwunschpaar diese fortsetzen. Die Central lehnte ihre Eintrittspflicht für die beabsichtigte weitere Behandlung jedoch ab mit der Begründung, eine günstige medizinische Erfolgsprognose liege nicht mehr vor. Die Frau sei eine sogenannte „poor responder“; dies zeige der bisherige Behandlungsverlauf und die geringe Eizellausbeute; außerdem liegen bei der Frau weitere Fertilitätshandicaps vor, die die Erfolgschancen einer künstlichen Befruchtung noch zusätzlich einschränken würden.
Das Kinderwunschpaar wollte sich mit dieser Absage nicht zufrieden geben – und der weitere Verlauf gab ihm medizinisch und juristisch Recht!
Altershöchstgrenze (w/m) – auf welchen Zeitpunkt kommt es an?
Altersgrenzen – nach der Rechtsprechung zulässig
§ 27 a SGB V in der aktuellen Fassung sieht bei Kassenleistungen für eine künstliche Befruchtung Altersgrenzen (Mindestalter und Höchstalter) vor. Das Mindestalter beträgt einheitlich 25 Jahre, das Höchstalter für die Frau 40 und für den Mann 50 Jahre. Innerhalb des Kinderwunschpaares müssen Mann und Frau die Altersgrenzen einhalten. Die Rechtsprechung hält die Altersgrenzen für rechtmäßig und verfassungskonform und verlangt deren Einhaltung auch dann, wenn nicht beide Ehepartner Kassenmitglieder sind (siehe unsere weiteren Beiträge auf dieser Seite).
Die Frage: woran ist bei der Altersgrenze (w/m) anzuknüpfen?
Eine Detailfrage ist: an welches Ereignis oder welchen Zeitpunkt wird bei der Altersgrenze angeküpft?
Beihilfe Bayern – Ausschluss eines Kostenteils gemäß § 43 BayBhV (Fassung 2014) i. V. Kassenrichtlinien wohl rechtswidrig!
Das Problem mit der Leistungslücke im Beihilferecht (hier Bayern):
Zum Sachverhalt:
Das Bayerische Beihilferecht regelt in § 43 BayBhV (Bayerische Beihilfeverordnung) Voraussetzungen und Umfang der Beihilfe für künstliche Befruchtung in enger Anlehnung an das Kassenrecht (§ 27 a SGB V in Verbindung mit den einschlägigen Kassenrichtlinien zur künstlichen Befruchtung). In diesen Richtlinien ist vorgesehen, dass Behandlungsmaßnahmen am Körper des Mannes dem Mann zuzurechnen und daher ggf. von seiner Beihilfe zu tragen sind, und Behandlungsmaßnahmen bei der Frau dieser zuzurechnen sind: sogenanntes Körperprinzip. Das kann bei einem gemischt versicherten Kinderwunschpaar unter gewissen Konstellationen zu großen Leistungslücken führen.
Keine Kostenübernahme für ausländische Eizellspende von deutscher PKV (BGH Urteil 14.6.2017)
Eizellspende im Ausland (hier Tschechische Republik) erlaubt – dennoch keine Kostenübernahme durch deutsche PKV
Sachverhalt:
Eine Frau, die ungewollt kinderlos blieb, ließ in Tschechien – dort erlaubt – eine Eizellspende vornehmen; in Deutschland ist diese Behandlung nach dem Embryonenschutzgesetz verboten. Am Ende war die Behandlung erfolgreich und führte zur Geburt eines Kindes.
Die Frau wollte von ihrer PKV (private Krankenversicherung) die Behandlungskosten in Höhe von ca. 11.000 € erstattet bekommen.
Das Urteil des BGH:
Der BGH sagte – wie die Vorinstanzen – jedoch nein.
Männliche Subfertilität – zum Nachweis des Versicherungsfalls
Männliche Subfertilität als Versicherungsfall in der PKV – Bewertung von Spermiogrammen, WHO – Handbuch
Das Problem: Nachweis der männlichen Subfertilität als Voraussetzung für den Versicherungsfall der PKV
Die PKV (private Krankenversicherung) des Mannes ist für die Kosten einer Kinderwunschbehandlung eintrittspflichtig, wenn eine männliche Erkrankung vorliegt. Um dies festzustellen, müssen Spermiogramme vorliegen und es muss bewertet werden, ob diese einen regelwidrigen oder normgerechten Befund zeigen.
Leistungskürzung Kinderwunschbehandlung – AVB-Klausel der INTER unwirksam ?
Rechtliche Ausgangslage:
In der PKV (Private Krankenversicherung) gilt grundsätzlich das sogenannte Verursacherprinzip. Das bedeutet für eine Kinderwunschbehandlung und deren Kostenübernahme durch die PKV, dass die Krankenversicherung nur dann eintrittspflichtig ist, wenn das Vorliegen einer Krankheit des Versicherungsnehmers (bzw. der versicherten Person) nachgewiesen werden kann. Ist das der Fall, dann muss die PKV für die Gesamtkosten der hierzu nötigen Behandlung eintreten. Ist der Mann krank und eine IVF/ICSI – Behandlung deswegen indiziert, so muss nach diesem Grundsatz die PKV des kranken Mannes für die Gesamtkosten dieser IVF/ICSI – Behandlung eintreten.
Zum Fall:
Die INTER Krankenversicherung aG wollte allerdings nur einen geringen Teil der notwendigen Behandlungskosten erstatten unter Berufung auf ihre AVB (Allgemeine Versicherungsbedingungen).