Unsere Mandantin, eine Landesbeamtin aus Baden-Württemberg, klagte auf Beihilfe für Heilbehandlungskosten betreffend Gendiagnostik und künstliche Befruchtung; sie litt an einem monogenen Gendefekt. Das Verwaltungsgericht Stuttgart gab unserer Klage statt; auf die Berufung des Landes hat der VGH Bad.-Württemberg (Verwaltungsgerichtshof) leider gegenteilig entschieden.

Zum medizinischen Sachverhalt:

Die Klägerin leidet an einem schweren Gendefekt; dieser betrifft das OTC-Gen. Er ist vererblich und verursacht Stoffwechselkrankheiten. Bei männlichen Nachkommen führt er zu schwersten Krankheitsverläufen; diese enden meist tödlich, bereits kurz nach der Geburt des Kindes. Bei weiblichen Nachkommen sind die Auswirkungen oft geringer oder die Krankheitsverläufe milder. 1 Kind der Klägerin verstarb 2018 wenige Tage nach der Geburt an den Folgen der Stoffwechselkrankheit; es hatte den mütterlichen Genfehler und mit ihm die Stoffwechselkrankheit geerbt.

Um eine Wiederholung dieses Geschehens zu vermeiden, ließ daher die Klägerin vor einer neuerlichen Schwangerschaft ihre Eizellen untersuchen.

PKD (Polkörperdiagnostik):

Da es sich um einen Gendefekt auf weiblicher Seite handelt, war eine Untersuchung mittels PKD (Polkörperdiagnostik) ausreichend. Diese findet an den Polkörpern der Eizelle noch vor einer Verschmelzung des weiblichen und männlichen Erbgutes statt, also vor dem Entstehen eines Embryos im rechtlichen Sinne. Insoweit unterscheidet sie sich von der PID (Präimplantationsdiagnostik). Daher ist für die Behandlung mittels PKD auch keine Einschaltung der Ethikkommission nötig. Im Prinzip ist Methode und Ziel der Behandlung bei PKD und PID aber gleich: Diagnostik an der Eizelle – vor einem Transfer und vor Eintritt der Schwangerschaft.

Das Urteil des VG Stuttgart

Die Beihilfestelle vertrat die Meinung, bei PKB handle es sich nicht um eine Heilbehandlung der Mutter sondern „bloße Embryoselektion“ und lehnte für PKD + IVF Beihilfe ab.

Das VG Stuttgart gab unserer Klage statt. Die Behandlung stelle darauf ab, dass die Klägerin nicht wieder mit einem Kind mit Gendefekt schwanger werde, das nach seiner Geburt infolge des Genfehlers verstirbt. Die Behandlung ziele darauf, die Krankheitsfolgen aus dem Genfehler der Klägerin zu lindern oder dessen Auswirkungen zu unterbinden. Unter diesem Aspekt sei PKD + IVF beihilfefähig, so das VG Stuttgart.

Das Land Baden-Württemberg legte gegen dieses Urteil Berufung ein. Der VGH gab der Berufung statt und wies die Klage ab; die Revision ließ er nicht zu. Die Beschwerde unserer Mandantin gegen die Nichtzulassung der Revision blieb leider erfolglos..