Das Versprechen der DAK:

Satzungsmehrleistung der DAK für künstliche Befruchtung: Versprechen klingt besser als es ist – Haarspalterei zu Gunsten der Krankenkasse obsiegt!

Die DAK Gesundheit warb vollmundig unter der Überschrift „Mehr Chancen auf eine Schwangerschaft mit unserer Hilfe“ für eine Mitgliedschaft bei der DAK: denn sie sagte: „wir garantieren eine 100-prozentige Kostenübernahme“; Voraussetzung für die Zusatzleistung war, dass beide Ehepartner Mitglied bei er DAK waren.

Unsere Mandanten schenkten diesem Versprechen uneingeschränkt Glauben, wechselten zur DAK und erhofften sich die Mehrleistung. Denn die gesetzliche Regelleistung gemäß § 27 a SGB V sind nur 50 % der Kosten; sie waren der Meinung, dass die Satzungsmehrleistung dann die 2. Hälfte abdecken würde und am Ende eine 100 %ige Kostenerstattung stehe, wie versprochen.

Die Enttäuschung:

Unsere Mandanten führten mehrere Behandlungsversuche durch. Dafür erhielten sie die gesetzliche Regelleistung (50 %) gemäß § 27 a SBG V. Der – numerisch – 2. und 3. Versuch musste in einem sehr frühen Stadium abgebrochen werden, da der Stimulationsverlauf unbefriedigend war; es kam gar nicht erst zu einem Befruchtungsversuch. Dafür fielen jeweils Kosten von ca. nur 500 € an. Diese beiden Versuche zählen im Rahmen der Regelleistung gemäß § 27 a SGB V nicht. Für § 27 a war daher der nächste Versuch, numerisch der 4., rechtlich gesehen erst der 2. Dieser verlief besser und es kam zu einer Befruchtung, nicht aber zu einer klinischen Schwangerschaft. Somit stand für das Kinderwunschpaar gemäß § 27 a noch ein 3. Versuch offen – dieser war erfolgreich und führte zur Geburt eines Kindes!  

Jedoch:

Für diesen letzten, erfolgreichen Versuch gewährte die DAK zwar die gesetzlichen Regelleistungen von 50 %, wozu sie nach § 27 a SGB V verpflichtet war, nicht aber die versprochenen Satzungsmehrleistungen in Form der zweiten Kostenhälfte!

Haarspalterei:

Die DAK berief sich darauf, dass sie als Mehrleistung in ihrer Satzung nur Leistung „für die ersten drei Versuche“ gewährte. – Das sei rein numerisch, losgelöst von der abweichenden Regelung zur gesetzlichen Regelleistung gemäß § 27 a SGB V und den Richtlinien über künstliche Befruchtung zu sehen. Hier (Satzungsmehrleistung) würde ausschließlich numerisch gezählt, sei also jeder Versuch, auch der frühzeitig abgebrochene, zu zählen; dass im Bereich der Regelleistungen nach § 27 a SGB V anders gezählt werde, interessiere hier nicht, so die Argumentation der DAK.

Der Prozess:

Da die Beklagte die Kosten für die 3. / 5. Behandlung nur mit den ersten 50 % im Rahmen der gesetzlichen Regelleistung trug, nicht aber die restlichen 50 % in Höhe von ca. 1600 € als Satzungsmehrleistung erstattete, erhob unsere Mandantin Klage zum SG Augsburg. Dort wurde die Klage abgewiesen. Auf unsere Berufung hob das Bay. Landessozialgericht dieses Urteil auf und gab unserer Klage statt.  Es urteilte, dass der Wortlaut der Satzung nicht zum Ausdruck bringe, dass für die Satzungsmehrleistungen zuungunsten des Versicherten anders gezählt werden solle als für die gesetzliche Regelleistung. Es sei zwar möglich, für die Satzungsmehrleistungen die Zählweise abweichend zu regeln, so das Bay. LSG. Das müsse dann aber hinreichend deutlich zum Ausdruck kommen; dem genüge die Satzung nicht.

Damit fand sich die DAK nicht ab und legte Revision ein. Das BSG gab leider der Revision statt und wies unsere Klage mit Urteil vom 17.12.2019 ab.

Anmerkungen:

Wäre man im Recht der PKV (Private Krankenversicherung), so würde dort der Grundsatz gelten „Unklarheiten gehen zu Lasten der Versicherung (Verwender der Allgemeinen Versicherungsbedingungen). – Hier (GKV = gesetzliche Krankenversicherung) legte das BSG die unklare Regelung aber zugunsten der Versicherung aus! – Merkwürdig und schade zugleich! Denn es oblag der DAK, ihre Satzung verständlich und eindeutig zu formulieren. Jedenfalls fühlte sich unsere Mandantin getäuscht und unfair behandelt.

Da inzwischen der Bund und eine zunehmende Zahl der Länder eine zusätzliche staatliche Förderung zu § 27 a SGB V geben, verliert die hier streitige Thematik zusehends an Bedeutung.

Allerdings bleibt nach wie vor völlig unverständlich, warum der Gesetzgeber den Krankenkassen nur eine 50 % Leistung statt 100 % aufgibt! Bei der wegen Krankheit indizierten künstlichen Befruchtung handelt es sich um eine anerkannte Krankenbehandlung. Warum sollte diese auf 50 % beschränkt sein?