homolog

2301, 2012

Nationales, gesetzliches Verbot der Samenspende / Eizellspende bei IVF nicht menschenrechtswidrig – Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte zum FortpflanzungsmedizinG Österreich

By |Januar 23rd, 2012|Rechtslage|0 Comments

Vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) war das Österreichische Fortpflanzungsmedizingesetz (ÖstFMedG) auf dem Prüfstand. Der EGMR entschied (Urteil vom 03.11.2011, Az. 57813/00), dass das dortige, nationale Verbot einer IVF-Behandlung mit gespendeten Gameten (Samen oder Eizellen) Dritter nicht gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) verstoße und daher wirksam sei – jedenfalls derzeit. Zuvor hatte bereits der Österreichische Verfassungsgerichtshof  (ÖstVerfGH) im Ergebnis genauso geurteilt (Urteil vom 14.10.1999).

Dem lag folgender Sachverhat zu Grunde:

Die Beschwerdeführer (2 österreichische Ehepaare) konnten krankheitsbedingt nicht spontan schwanger werden. Aber auch eine künstliche Befruchtung (IVF-Behandlung) alleine, jeweils mit Samen und Eizellen innerhalb des Paares, versprach wegen der vorliegenden Krankheitsbilder keinen Erfolg. In einem Fall bedurfte es einer Kombination aus künstlicher Befruchtung und Samenspende, im anderen Fall aus IVF und Eizellspende. Allerdings verbietet die Rechtslage in Österreich im Zusammenhang mit einer IVF-Behandlung die Gametenspende durch Dritte. Dagegen wandten sich die Beschwerdeführer zunächst vor den nationalen Gerichten in Österreich – erfolglos.

Die anschließende Beschwerde in Straßburg beim EGMR blieb gleichfalls erfolglos, u.a. aus folgenden Erwägungen des EGMR.

Zwar könne das gesetzliche Verbot in Österreich das Menschenrecht aus Art. 8 EMRK (Achtung des Privat- und Familienlebens) berühren. Jedoch habe sich unter den Konventionsstaaten bisher keine eindeutige und einheitliche Meinung zum Thema Samenspende und Eizellspende gebildet. Die Frage sei in der österreichischen Öffentlichkeit damals völlig kontovers diskutiert worden und moralisch wie gesellschaftlich schwierig zu beantworten. Die Erwägung vor Missbrauch der IVF-Technik zu schützen, sei beachtlich. Das ÖstFMedG suche einen Ausgleich der widerstreitenden privaten und öffentlichen Interessen, wie bespielsweise Kinderwunsch des Paares (neben Adoptionsmöglichkeit), Gestaltung eindeutiger Abstammungs- und Beziehungsverhältnisse, Kindeswohl (Kenntnis der Abstammung des Kindes und anonymer Drittspender) etc.  – Vor diesem Hintergrund habe der Gesetzgeber einen weiten Ermessensspielraum, der hier durch das ÖstFMedG eingehalten sei. Zwar hätte Österreich im Lichte der EMRK die Gametenspende auch anders regeln, also zulassen können, wie einige andere europäischen Länder – aber nicht müssen. Beide gesetzlichen Gestaltungen (Verbot oder Erlaubnis) sind derzeit im Einklang mit der EMRK.

Allerdings gab der EGMR dem österreichischen Gesetzgeber mit auf den Weg, die Entwicklung in Zukunft ständig im Auge zu behalten! Die Entscheidung basiert auf den damaligen Verhältnissen, also 1999. Aktuelle Entwicklungen müssten ständig überprüft werden und könnten u.U. Anlass sein, die Streitfrage neu zu bewerten.

2007, 2010

Heilbehandlungskosten der homologen IVF (bei weiblicher Sterilitätsursache) sind außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 EStG

By |Juli 20th, 2010|Steuerrecht, Kosten absetzbar|0 Comments

Die notwendigen medizinischen Heilbehandlungskosten für eine künstliche Befruchtung wegen Empfängnisunfähigkeit der Frau sind bei einem Ehepaar als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG (Einkommenssteuergesetz) abzugsfähige Aufwendungen. Bei der homologen IVF-Behandlung handelt es sich um eine – somit auch steuerrechtlich – anerkannte Heilbehandlung, deren Kosten als außergewöhnliche Belastung steuermindernd absetzbar sind (BFH, III R 84/96, Urteil vom 18.06.1997).

903, 2010

Leistungrecht zur IVF – eine kleine Auswahl häufiger Streitthemen

By |März 9th, 2010|Rechtslage|0 Comments

  • Kostenübernahme für 2. (weiteres) Kind:
    • GKV: ja, § 27 a SGB V
    • PKV: ja, BGH-Urteil vom 21.09.2005
  • Quasi heterologe Behandlung (keine Drittspende, Paar aber nicht verheiratet):
    • GKV: nein, kein Anspruch (Ehevorbehalt bestätigt von Bundesverfassungsgericht,  Urteil 28.02.07)
    • PKV: Instanzgerichte wohl mehrheitlich ja, noch strittig,  BGH-Urteil steht noch aus
  • Heterologe Behandlung Eizellspende oder Samenspende Dritter:
    • kein Leistungsanspruch
    • Eizellspende anderer Frau unzulässig in BRD; Behandlung für Arzt strafbar!
    • Samenspende anderen Mannes unter engen Voraussetzungen zulässig (bei Infertilität des Mannes eines Ehepaares) – rechtsethisch dennoch problematisch! Große Folgeprobleme bezüglich Erbrecht, Unterhaltsrecht und Abstammungsrecht des Kindes. Bedenklich bezüglich Kindeswohl!
      Süddeutsche Zeitung vom 17.12.07
      “Auf der Suche nach dem Ich”

      Identitätsprobleme der Kinder von anonymen Samenspendern
  • Altersgrenzen:
    • GKV: im Gesetz geregelt, § 27 a SGB V
    • PKV: in AVB meist nicht geregelt; häufiger Einwand der Versicherer bei zunehmendem Alter: zu geringe Erfolgsaussichten der IVF-Behandlung

Weitere Einzelheiten:

  • in den folgenden Artikeln auf dieser Seite, geordnet nach den verschiedenen Versicherungsbereichen GKV, PKV, Beihilfe, Heilfürsorge
  • in unserer Urteilssammlung

 

902, 2010

Kassenpatienten / GKV (gesetzliche Krankenversicherung)

By |Februar 9th, 2010|Rechtshistorie, Trends|0 Comments

Auch die Sozialgerichte lehnten anfangs mehrheitlich die IVF-Behandlung als Leistungsfall in der GKV ab (gesetzliche Regelungen für die IVF existierten noch nicht).

Positiv, für IVF,  entschied als erstes Sozialgericht soweit ersichtlich das Sozialgericht Gelsenkirchen (Urteil vom 08.09.1983, S 17 Kr 25/83).

Das BSG sprach mit Urteil vom 12.11.1985, 3 RK 48/83, immerhin aus, dass die Unfruchtbarkeit einer Frau im gebärfähigen Alter als behandlungsbedürftige Krankheit zu bewerten ist. Dort ging es um die Kosten einer Refertilisierungsoperation; die Frau wollte ihre frühere Sterilisation wieder rückgängig machen, da sie nun eine neue Partnerschaft eingegangen war. Das BSG versagte die Kostenübernahme, weil der Zustand nicht krankhaft sondern bewusst  im Sinne der Familienplanung herbei geführt worden war.

Zur IVF äußerte sich das BSG sodann im Urteil vom 08.03.1990, 3 RK 24/89, und stellte fest, dass die IVF im Prinzip eine Krankenbehandlung sein könne. Da es im vorliegenden Fall aber um eine sogenannte heterologe IVF ging (die verheiratete Frau hatte beide Eierstöcke krankheitsbedingt verloren und erhielt in Wien eine Eizellspende), wies das BSG auch diese Klage auf Kostenübernahme ab.

Nach der beginnenden Durchsetzung der IVF vor den Sozialgerichten konterte dann der Gesetzgeber mit dem GRG (Gesundheit-Reformgesetz) vom 20.12.1988: die IVF-Behandlung als Kassenleistung wurde mit dem GRG mit Wirkung zum 1.1.1989 wieder abgeschafft!

Dafür genügte 1 Satz, der in § 27 SGB V (Fassung 1.1.1989) mit dem GRG angefügt wurde:

“ Leistungen für eine künstliche Befruchtung gehören nicht zur Krankenbehandlung.“

Damit wurde den zuvor erkämpften, positiven Urteilen mit einem Schlag für die Zukunft die Grundlage entzogen. Zugleich trat der merkwürdige, verfassungsrechtlich sehr fragwürdige Gesetzeszustand ein, dass “lediglich” sozialindizierte Abtreibungen eine Kassenleistung waren, Kinderwunschbehandlung eines sterilen Ehepaares dagegen nicht! Ein Skandal unter rechtsethischen Gesichtspunkten!

Nach einem Proteststurm wurde diese Fehlentwicklung rasch durch das sogenannte KOV-Anpassungsgesetz 1990 vom 26.09.1990 korrigiert – und zwar rückwirkend zum 1.1.1989!  In das SGB V wurde ein neuer § 27 a „Künstliche Befruchtung“  aufgenommen:

Die IVF wurde wieder 100 %ige Kassenleistung, § 27 a SGB V.

Damit war der alte, vor den Gerichten schon einmal erkämpfte Rechtszustand wieder hergestellt. Und es war Rechtsklarheit geschaffen, da sich die Leistungsanspüche für IVF jetzt aus einem allgemein gültigen Gesetz ergaben und nicht mehr aus Einzelurteilen der Sozialgerichte abgeleitet werden mussten.

Zum 1.1.2004 wurde dann abermals der Gesetzgeber restriktiv tätig und schränkte mit dem GMG (GKV-Modernisierungsgesetz) vom 14.11.2003  im Zuge “knapper Gesundheitskassen” den Leistungsumfang für Sterilitätsbehandlungen ganz wesentlich ein (z.B. strikte Altersgrenzen für Mann und Frau, Höchstzahl der Behandlungen, IVF-Kosten nur noch zu 50 %). Dafür maßgeblich waren überwiegend finanzielle, nicht aber medizinische Gründe. Seither ist leider ein starker Rückgang der Kinderwunschbehandlungen zu verzeichnen, offensichtlich eine der Folgen der Leistungskürzung!

Gemäß § 27 a SGB V Abs. 1 Zi. 3 wird die Leistung nur einem Ehepaar gewährt. Der Ehevorbehalt und derzeitige Ausschluss nicht verheirateter Paare von der Leistung ist nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28.02.2007 (aufgrund eines Vorlagebeschlusses des Sozialgerichts Leipzig, welches den Ehevorbehalt für verfassungswidrig hielt) nicht verfassungswidrig. Demnach kann zwar der Gesetzgeber die Leistung auf eheähnliche Partnerschaften ausdehnen – er muss es aber nicht; jedenfalls gebietet ihm dies die Verfassung nicht. Der Sozialgesetzgeber durfte sich nach Ansicht des BVerfGe für einen Ehevorbehalt entscheiden.

Nach dem starken Rückgang der Kinderwunschbehandlungen wegen der Leistungskürzungen durch das GMG gibt es starke Bestrebungen, diese gesetzgeberische Fehlentscheidung wieder zu korrigieren. Der Entwurf für ein KiwunschG (Kinderwunschförderungsgesetz) sieht zumindest eine Kassenleistung von 75 % statt bisherigen 50 % vor. Über den Gesetzentwurf soll der Bundestag nach derzeitigem Stand im Sommer 2012 abstimmen. Leider stagniert z. Z. das Gesetzgebungsverfahren!

Einige Kassen sind inzwischen dazu übergegangen, ihren Mitgliedern mittels Satzung gemäß § 11 Abs. 6 SGB V extra Leistungen zu gewähren, die über die derzeit gültigen gesetzlichen Leistungen hinausgehen! So stocken z.B. einige Kassen den gesetzlich vorgeschriebenen Erstattungssatz von 50 % auf z.B. 75 % auf. Ein Kassenvergleich könnte sich also lohnen!

Den Versuch einer Kasse, den „Ehevorbehalt“ in § 27 a Abs. 1 Nr. 3 SGB V mittels Satzung zu umgehen, und Leistungen für künstliche Befruchtung auch nicht verheirateten Paaren, die in eheähnlicher Gemeinschaft leben, zu gewähren, verbot allerdings das BSG (Urteil vom 18.11.2014). Die Satzungsbefugnis der Kasse gemäß § 11 Abs. 6 gehe nicht so weit, gesetzliche Leistungsvoraussetzungen „grundlegend“ abzuändern.

901, 2010

Privatpatienten / PKV (Private Krankenversicherung)

By |Januar 9th, 2010|Rechtshistorie, Trends|0 Comments

Die neuen Behandlungsmethoden der modernen Reproduktionsmedizin waren für die Gerichte Neuland.

Mit der zutreffenden rechtlichen Einordnung hatten die Gerichte anfangs erhebliche Probleme. Sie lehnten nämlich die IVF als Heilbehandlung einer Krankheit und somit als Versicherungsfall in der PKV ab -gegen jede „medizinische Vernunft“. So wurde IVF von den Medizinern zwar erfolgreich praktiziert, die Kostenübernahme für die Heilmethode von den Gerichten aber mehrheitlich negiert!

IVF als Versicherungsfall – juristisches Neuland ein schwieriges Terrain für die Gerichte:

Ihre Ablehnung begründeten die Zivilgerichte damit, Sterilität sei keine Krankheit, IVF sei keine Heilbehandlung der Krankheit oder jedenfalls nicht notwendig.

Merkwürdiger Weise wurde die IFV-Behandlung zuerst über den Umweg der Behandlung eines sekundär aufgetretenen Nervenleidens als Versicherungsfall anerkannt (Urteile des LG Hamburg vom 30.10.1985 und des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 17.09.1986, 8 U 185/85). In diesem von unserer Kanzlei erstrittenen Urteil ist ausgeführt:

Das Gericht neige dazu, die IVF-Behandlung unserer Mandantin als Heilbehandlung ihrer Sterilität zu werten. Das brauche aber nicht entschieden zu werden, weil jedenfalls die  zusätzlich aufgetretene psychische Erkrankung (Depression aufgrund der ungewollten Kinderlosigkeit) mittels (!) IVF behandelt werde. – So verquer können Richter argumentieren, wenn es um juristisches Neuland geht, das sie nicht betreten wollen.

Auch das LG München I war damals noch auf Ablehnung der neuartigen IVF eingestellt. Sein Urteil vom 19.09.1984 ist ein Musterbeispiel für die angesprochene Reserviertheit der Gerichte gegenüber Neuem. Es wies unsere Klage ab. Auf 17 Urteilsseiten rang es sich zwar dazu durch, (1) die Sterilität als Krankheit zu sehen, auch sei (2) die IVF eine Heilbehandlung dieser Krankheit – aber (3): für diese Heilbehandlung bestehe keine medizinische Notwendigkeit!

Dabei verwechselte das Landgericht auch noch den medizinischen Sachverhalt und sprach von fehlenden Eierstöcken statt fehlender Eileiter (nach einer Krebstherapie). Auf unsere Berufung wurde das Fehlurteil des Landgerichts vom OLG München (Urteil vom 30.06.1987) aufgehoben und der Klage unserer Mandantin auf Zahlung der IVF- Behandlungskosten stattgegeben.

Der BGH hatte in einem anderen Prozess mit seinem 1. Urteil zur IVF  (17.12.1986, IV a ZR 78/85) für Klarheit gesorgt:  bei entsprechender Indikation ist die IVF-Behandlung ein Versicherungsfall in der PKV.

Alle unteren Gerichtsinstanzen und notgedrungen auch die Krankenversicherer folgten in Zukunft dieser Einschätzung.

IVF und 2. Kind / weiterer Kinderwunsch:

In jüngster Vergangenheit musste dann heftig um die Frage 2. (weiteres) Kind gestritten werden. Unsere Kanzlei führte auch hierzu zahlreiche Prozesse. Am Ende gab der BGH auch in dieser Frage den klagenden Kinderwunsch-Paaren Recht!

Aktuelle Streitfragen, Trends:

Paare mit „gemischten Krankheitsbefunden“ (und unterschiedlichen Versicherungen) werden neuerdings oft im Stich gelassen, indem ein Versicherer die Verantwortlichkeit auf den jeweils anderen schiebt. Hier hilft es dann oft nur, beide Versicherungen zu verklagen.

Strittig ist derzeit noch, ob die Kostenübernahme nur verheirateten Kinderwunsch-Paaren zusteht oder auch eheähnlichen (heterosexuellen) Paaren eröffnet ist (Ehevorbehalt). Nach unserer Auffassung darf die Leistung in der Krankenversicherung nicht vom Paarstatus (Heirat oder eheänhliche Lebensgemeinschaft) abhängen. Die Instanzgerichte beurteilen die Frage des Ehevorbehalts derzeit unterschiedlich; ein Urteil des BGH steht dazu noch aus.

Nachdem die IVF nun unstreitig in der PKV ein Versicherungsfall ist, gehen manche Versicherer zu Beschränkungen in ihren Standard- oder Basistarifen über! Sie legen in ihren Allgemeinen Versicherungsbedingungen dort für IVF und alle anderen Maßnahmen der künstlichen Befruchtung und modernen Reproduktionsmedizin Leistungsausschlüsse oder -beschränkungen fest; umfassender Versicherungsschutz für das Sterilitätsrisiko und dessen Heilbehandlung besteht dann nur in den Premiumtarifen. – Also Vorsicht beim Abschluss von Verträgen oder Tarifänderungen! Hier sollte man vorher unbedingt den Leistungsumfang und „das Kleingedruckte“ genau prüfen!

Die Versicherer schulden eine Kostenübernahme für die IVF-Behandlung nur, wenn sie hinreichende Erfolgsaussichten hat. Manche Versicherer neigen nach unserer Erfahrung dazu, die medizinischen Anforderungen zu streng auszulegen und berechtigte Leistungsansprüche abzulehnen. In solchen Fällen sollten Patienten unbedingt anwaltlichen Rat suchen!

Versuchszahl, Kryokosten, Mehrkosten bei mehr als 5 behandelten Eizellen: Zwar ist die IVF als Versicherungsfall seit mehr als 20 Jahren grundsätzlich anerkannt. Dennoch sind zahlreiche Details heute noch streitig und in der Rechtsprechung noch nicht oder erst teilweise geklärt. Da der medizinische Fortschritt nicht still steht und sich immer wieder neue Behandlungsmöglichkeiten eröffnen, entstehen so auch ständig neue Streitthemen zwischen PKV und Patienten.

901, 2010

Leistungsrecht PKV – zu den Ansprüchen für IVF in der privaten Krankenversicherung (PKV)

By |Januar 9th, 2010|Rechtslage|0 Comments

Die Rechtsgrundlagen für den Versicherungsfall im privaten Krankenversicherungsrecht ergeben sich aus dem VVG (Versicherungsvertragsgesetz) und den jeweiligen AVB (Allgemeine Versicherungsbedingungen) der Versicherung. Diese bestehen meist aus Teil I (entspricht oft den Musterbedingungen MB/KK) und Teil II (Tarife). Die Tarifbedingungen können, müssen aber nicht, spezielle Regelungen zu einzelnen Versicherungsfällen, z.B. zur künstlichen Befruchtung, enthalten.

Neuerdings bauen einige Versicherer in ihre Tarifbedingungen Leistungsbeschränkungen oder gar Leistungsausschlüsse zur künstlichen Befruchtung ein. Diese sind „im Kleingedruckten versteckt“! Also Vorsicht – insbesondere beim Neuabschluss oder der Änderung eines Vertrages! Die Unterschiede zwischen einzelnen Versicherern oder einzelnen Tarifen können gravierend sein! 

Der Versicherungsfall wird in den Musterbedingungen (MB/KK ) allgemein definiert wie folgt:

     „Versicherungsfall ist die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen“.

Die Voraussetzungen für den Versicherungsfall in der PKV sind nach der Rechtssprechung:

  • Vorliegen einer Krankheit
  • Krankheit der versicherten Person (Verursacherprinzip in der PKV!)
  • Heilbehandlung der Krankheit
  • Notwendigkeit der Heilbehandlung (u.a. Erfolgsaussichten der Sterilitätsbehandlung!) 

Einzelheiten sind in der PKV – im Gegensatz zur Rechtslage in der GKV, § 27 a SGB V – nicht normiert. Das hat zur Folge, dass in der PKV ein weit größerer Rahmen für Diskussionen bei der Leistungsgewährung oder beim Leistungsumfang eröffnet ist. Im streitigen Einzelfall müssen die Zivilgerichte den konkreten Versicherungsfall – meist unter Einholung eines sterilitätsmedizinischen Gutachtens nach Aktenlage – dem Grunde und dem Umfang nach beurteilen.

Unterschiede zur GKV: In der PKV gelten keine strikten Altersgrenzen, keine strikte Versuchszahl und auch nicht der Ehevorbehalt (Voraussetzung der Verheiratung – derzeit aber noch strittig!). Für die PKV gilt das Verursacherprinzip. Ein Risikoausschluss zu Sterilitätserkrankungen und Kinderwunschbehandlungen kann im Einzelfall tariflich oder einzelvertraglich bestehen; das ist stets vorab zu prüfen!

Prozess:  Dafür sind die Zivilgerichte (1. Instanz: Amtsgericht oder Landgericht, je nach Streitwert der Klage) zuständig. Bei einem Obsiegen im Prozess muss im Regelfall der unterlegene Gegner die Kosten des Prozesses tragen.

Empfehlung: Gerade für den Bereich der PKV ist es daher dringend angeraten, bei Leistungsablehnung oder auch –verzögerung frühzeitig die Hilfe eines hier spezialisierten Anwalts in Anspruch zu nehmen. Bisweilen taktieren die Versicherer nach unseren Erfahrungen mit Hilfe langwieriger Korrespondenz und spielen auf Zeit, um dann den „Alterseinwand“ (mangelnde Erfolgsaussichten der Behandlung, insbesondere bei älteren Frauen) zu erheben.

Mehr Info zum Thema?   Dann besuchen Sie bitte unsere einschlägigen Seiten Rechtsgrundlagen, Urteile!

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701, 2010

Bayern – Kosten der IFV nicht beihilfefähig bei ‘nur verlobtem’ Paar; Ehevorbehalt

By |Januar 7th, 2010|öffentlicher Dienst|0 Comments

Nach dieser etwas älteren Entscheidung des Bay. VGH München (Bay. Verwaltungsgerichtshof) sind die Kosten einer IVF-Behandlung nicht beihilfefähig, wenn das betroffene Paar nur verlobt, aber (noch) nicht verheiratet ist. Dann handle es sich nicht um eine homologe sondern um eine heterologe Behandlung der Paarsterilität. Heterologe Behandlungsformen bei unerfülltem Kinderwunsch seien im bayerischen Beihilferecht (hier: § 6 BhV, Fassung 19.9.1989) von der Beihilfegewährung ausgeschlossen. Die Klage unserer Mandantin wurde daher leider abgewiesen (3 B 92.2829, Urteil vom 30.3.1993).

Anmerkung:
Auch 15 Jahre später (Urteil vom 24.09.2007, 14 ZB 06.2677) blieb der Bay. VGH  in einem ebenfalls von unserer Kanzlei geführten Prozess

701, 2010

Baden-Württemberg – Kosten der IVF auch bei nicht verheiratetem Paar beihilfefähig

By |Januar 7th, 2010|öffentlicher Dienst|0 Comments

Gegenteilig zum VGH München (zuständig für Bayern) entschied das höchste Verwaltungsgericht Baden-Württembergs und gewährte auch einem unverheirateten Paar Beihilfe für IVF- und ICSI-Behandlung (4 S 1028/07, Urteil vom 29.06.2009). Es komme auf die Krankheit und deren Behandlung, nicht aber den Paarstatus an, so das Gericht. Auch hätten sich die gesellschaftlichen Vorstellungen über Familie und Heirat gewandelt. Jedenfalls können bloße Verwaltungsvorschriften (wie sie in Baden-Württemberg damals die Leistungen für künstliche Befruchtung regelten) nicht den Beihilfeanspruch auf Krankenbehandlung grundsätzlich beschränken. – Darin liegt aber auch ein Unterschied zu manch anderen Ländern, welche die Beihilfe für IVF durch Gesetz oder Rechtsverordnung geregelt haben!

601, 2010

Heterologe IVF-Behandlung I – Eizellspende ist keine Kassenleistung

By |Januar 6th, 2010|GKV Krankenkassen|0 Comments

Einer verheirateten Frau mussten wegen einer früheren Erkrankung beide Eierstöcke entfernt werden. Sie konnte daher keine Eizellen mehr entwickeln und daher auch nicht von selbst schwanger werden. Sie wollte daher eine fremde Eizelle (Eizellspende) einer anderen Frau mit dem Samen ihres Ehemannes extrakorporal befruchten und sich dann einsetzen lassen, um anschließend die Schwangerschaft selbst austragen. Die Behandlung wurde damals (1986) im Ausland (Wien, Österreich) durchgeführt.

Eine solche heterologe IVF-Behandlung (die Eizellen und Samenzellen stammen nicht vom gleichen Ehepaar; eine dritte Person ist als Spender beteiligt) ist im Gegensatz zur homologen IVF-Behandlung  keine Kassenleistung, § 27 a Abs. 1 Nr. 3 und 4 SGB V (BSG 3 RK24/89, Urteil vom 08.03.1990).

Anmerkung: Auch nach dem Inkrafttreten des ESchG (Embryonenschutzgesetz) im Jahre 1990 urteilte das BSG über die Fremd-Eizellspende genauso (B 1 KR 33/00 R, 09.10.2001). Für ein Behandlungsverfahren, das gegen das ESchG verstößt, kann es keine Kassenleistung geben.

Von der heterologen Behandlung im engeren Sinn (Verwendung von Samen- oder Eizellen einer dritten Person außerhalb des Paares) ist nach unserer Auffassung die Sterilitätsbehandlung unter ausschließlicher Verwendung eigener Keimzellen eines Paares, das “lediglich” nicht verheiratet ist, zu unterscheiden. Im ersten Fall sind fremde Keimzellen einer dritten Person außerhalb des Paares beteiligt, im zweiten Fall geht es “nur” um den Status des Paars: Paar mit oder ohne Trauschein.

601, 2010

“Heterologe” IVF-Behandlung II – IVF bei nichtehelicher Lebensgemeinschaft derzeit leider auch keine Kassenleistung (Ehevorbehalt)

By |Januar 6th, 2010|GKV Krankenkassen|0 Comments

Die Kostenübernahme für eine Kinderwunschbehandlung wurde einem nicht verheirateten Paar vom Bay. LSG versagt. § 27 a SGB V gewähre die Leistung nur Ehepaaren.

Andere (heterosexuelle) Partnerschaften seien ausgeschlossen, auch wenn die Partnerschaft ernsthaft und auf Dauer angelegt ist und schon langjährig besteht. Auch wenn hier nur Samen- und Eizellen der beiden Partner aus dem Paar verwendet wurden, scheide eine Kassenleistung wegen des Ehevorbehalts in § 27 a SGB V aus (L 4 KR111/03, Urteil vom 17.06.2004).

Zwar liege keine heterologe Behandlung in Form einer Eizellspende oder Samenspende vor. Das Paar mit Kinderwunsch hätte aber heiraten können, um dann IVF als Kassenleistung zu erlangen.

Anmerkung: Der in § 27 a Abs. 1 Nr. 3 SBG V zum Ausdruck kommende Ehegattenvorbehalt (Leistung nur für Ehepaare) ist nicht verfassungswidrig gemäß Urteil des BVerfG (Bundesverfassungsgericht) vom 28.02.2007,1 BvL 5/03. Der Gesetzgeber darf – muss aber nicht – unverheiratete Paare von der Leistung ausschließen. Das Kindeswohl sei in einer Ehe besser aufgehoben als in einer eheähnlichen Partnerschaft, so das BVerfG. Der Gesetzgeber habe nämlich die IVF-Behandlung nicht als Heilbehandlung einer Krankheit gesehen und geregelt sondern als eigenständigen Versicherungsfall verstehen wollen. Dafür würden besondere Regeln gelten, die dem Gesetzgeber größere Freiheiten in der Ausgestaltung überließen. Dies ergebe sich auch aus der Rechtssprechung des BSG (Bundessozialgericht). Hätte das Gesetz die IVF-Behandlung als “normale” Heilbehandlung einer “normalen” Krankheit geregelt, dann wäre der Ausschluss der nicht verheirateten Paare von der Kassenleistung nach Ansicht des BVerfG  allerdings verfassungswidrig!

Dieser gesetzliche Ehevorbehalt aus § 27 a Abs. 1 Nr.3 SGB V kann nach Ansicht des BSG (Urteil vom 18.11.2014) auch nicht durch Satzung einer Krankenkasse umgangen werden. Die Kasse habe mit § 11 Abs. 6 SGB V nicht das Recht, gesetzliche Leistungsvoraussetzungen grundlegend (anders) zu gestalten. Das BSG verbot daher einer Krankenkasse, mittels Satzung künstliche Befruchtung auch nicht verheirateten Paaren, die in eheähnlicher Gemeinschaft dauerhaft zusammen leben, zu gewähren.