Von PID (Präimplantationsdiagnostik) ist PKD (Polkörperdiagnostik) aus rechtlicher Sicht zu unterscheiden. Im Prinzip sind aber medizinisch gesehen Behandlungsmethode und -ziel gleich: die genetische Untersuchung, ob Gendefekte und daraus resultierend schwerste Folgen für Schwangerschaft, Embryo oder Kind drohen. Die PKD erfolgt zeitlich noch etwas früher, nämlich noch vor der Verschmelzung des männlichen und weiblichen Erbgutes. Daher werden mit PKD allerdings auch nur weibliche Gendefekte erkannt. Es werden der 1. und ggf. 2. Polkörper nach Imprägnierung der Eizelle aber vor Verschmelzung der beidseitigen Erbmaterialien untersucht. Das macht nach deutscher Rechtssicht den rechtsethischen Unterschied aus! Deswegen sei – Stand 1990 –  nach dem ESchG (Embryonenschutzgesetz) PKD erlaubt, PID dagegen nicht.

Diese früher herrschende Rechtsansicht ist seit dem BGH-Urteil vom 06.07.2010 überholt! Am 08.12.2011 trat sodann mit § 3 a ESchG eine gesetzliche Neuregelung zur PID, die auf das BGH-Urteil zurückgeht, in Kraft . Diese lässt PID unter engen Voraussetzungen zu!

Behandlung erlaubt – aber dennoch keine Kassenleistung:

Eine andere Frage ist es, ob die Kosten der (erlaubten) Behandlung von der Krankenkasse übernommen oder erstattet werden müssen. Das wird von der derzeit herrschenden Rechtsprechung leider verneint. Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung dieser Frage fehlt derzeit leider. Nach einem Urteil aus dem Jahre 2007 – also noch vor der geänderten R Gesetzeslage zur PID –  ist PKD (Polkörperdiagnostik) nach Ansicht des Bay. LSG (Urteil vom 18.04.2007) keine Kassenleistung. Auch wenn PKD nicht verboten sei, so fehle es doch derzeit an einer  Anspruchsgrundlage für PKD als Kassenleistung. PKD sei zwar aus medizinischer Sicht sinnvoll; sie erspare der Frau und dem Paar die leidvollen „Fehlversuche“ spontaner Schwangerschaften mit schwerstgeschädigten oder nicht lebensfähigen Embryonen und damit verbundene Aborte oder Schwangerschaftsabbrüche. Im Leistungskatalog der Krankenkassen sei aber PKD nicht enthalten; diese Lücke sei noch nicht gesetzeswidrig. Ein Anspruch auf PKD direkt aus § 27 a SGBV ergebe sich nicht, da dort die (künstliche) Herbeiführung einer Schwangerschaft, nicht aber die Verhinderung einer Schwangerschaft (in Bezug auf erbgeschädigte künftige Embryonen) geregelt sei.

Anmerkung:

1.  Dem Urteil liegt folgender medizinischer Sachverhalt zu Grunde: Die Klägerin war bereits spontan schwanger geworden; die Schwangerschaft konnte aber wegen schwerer genetischer Schäden des Embryos nicht ausgetragen werden. Für künftige Schwangerschaften war es zwar nicht zwingend, aber erheblich wahrscheinlicher, dass der Gendefekt erneut übertragen wurde. Die mittels PKD untersuchte Eizelle trug erneut den Defekt und wurde daher nicht zum Erzielen einer Schwangerschaft transferiert. Eine gesunde Eizelle hätte dagegen übertragen werden können mit der Chance, damit eine intakte Schwangerschaft und die Geburt eines gesunden Kindes zu erzielen.

2.  Das Urteil überzeugt im Ergebnis und in der Begründung nicht:

Das Behandlungsziel ist das Erzielen einer intakten Schwangerschaft; das Selektieren von Eizellen mit Gendefekten ist nur eine Folge der Methodik, nicht aber hauptsächliches oder gar alleiniges Behandlungsziel. Die Methode „erspart“ Schwangerschaften mit Abort- oder Abbruchfolge. Die Kosten für derartige Schwangerschaftsabbrüche wären / sind Kassenleistung!

3. In der PKV (private Krankenversicherung) ist PKD dagegen ein Versicherungsfall, jedenfalls nach dem Urteil des LG Köln vom 3.9.2014.