Unter dieser Kategorie finden Sie Einträge von der Rechtshistorie über die aktuelle Rechtslage bishin zu Trends in der Rechtssprechung bei Kinderwunschfällen.

902, 2010

Kassenpatienten / GKV (gesetzliche Krankenversicherung)

By |Februar 9th, 2010|Rechtshistorie, Trends|0 Comments

Auch die Sozialgerichte lehnten anfangs mehrheitlich die IVF-Behandlung als Leistungsfall in der GKV ab (gesetzliche Regelungen für die IVF existierten noch nicht).

Positiv, für IVF,  entschied als erstes Sozialgericht soweit ersichtlich das Sozialgericht Gelsenkirchen (Urteil vom 08.09.1983, S 17 Kr 25/83).

Das BSG sprach mit Urteil vom 12.11.1985, 3 RK 48/83, immerhin aus, dass die Unfruchtbarkeit einer Frau im gebärfähigen Alter als behandlungsbedürftige Krankheit zu bewerten ist. Dort ging es um die Kosten einer Refertilisierungsoperation; die Frau wollte ihre frühere Sterilisation wieder rückgängig machen, da sie nun eine neue Partnerschaft eingegangen war. Das BSG versagte die Kostenübernahme, weil der Zustand nicht krankhaft sondern bewusst  im Sinne der Familienplanung herbei geführt worden war.

Zur IVF äußerte sich das BSG sodann im Urteil vom 08.03.1990, 3 RK 24/89, und stellte fest, dass die IVF im Prinzip eine Krankenbehandlung sein könne. Da es im vorliegenden Fall aber um eine sogenannte heterologe IVF ging (die verheiratete Frau hatte beide Eierstöcke krankheitsbedingt verloren und erhielt in Wien eine Eizellspende), wies das BSG auch diese Klage auf Kostenübernahme ab.

Nach der beginnenden Durchsetzung der IVF vor den Sozialgerichten konterte dann der Gesetzgeber mit dem GRG (Gesundheit-Reformgesetz) vom 20.12.1988: die IVF-Behandlung als Kassenleistung wurde mit dem GRG mit Wirkung zum 1.1.1989 wieder abgeschafft!

Dafür genügte 1 Satz, der in § 27 SGB V (Fassung 1.1.1989) mit dem GRG angefügt wurde:

“ Leistungen für eine künstliche Befruchtung gehören nicht zur Krankenbehandlung.“

Damit wurde den zuvor erkämpften, positiven Urteilen mit einem Schlag für die Zukunft die Grundlage entzogen. Zugleich trat der merkwürdige, verfassungsrechtlich sehr fragwürdige Gesetzeszustand ein, dass “lediglich” sozialindizierte Abtreibungen eine Kassenleistung waren, Kinderwunschbehandlung eines sterilen Ehepaares dagegen nicht! Ein Skandal unter rechtsethischen Gesichtspunkten!

Nach einem Proteststurm wurde diese Fehlentwicklung rasch durch das sogenannte KOV-Anpassungsgesetz 1990 vom 26.09.1990 korrigiert – und zwar rückwirkend zum 1.1.1989!  In das SGB V wurde ein neuer § 27 a „Künstliche Befruchtung“  aufgenommen:

Die IVF wurde wieder 100 %ige Kassenleistung, § 27 a SGB V.

Damit war der alte, vor den Gerichten schon einmal erkämpfte Rechtszustand wieder hergestellt. Und es war Rechtsklarheit geschaffen, da sich die Leistungsanspüche für IVF jetzt aus einem allgemein gültigen Gesetz ergaben und nicht mehr aus Einzelurteilen der Sozialgerichte abgeleitet werden mussten.

Zum 1.1.2004 wurde dann abermals der Gesetzgeber restriktiv tätig und schränkte mit dem GMG (GKV-Modernisierungsgesetz) vom 14.11.2003  im Zuge “knapper Gesundheitskassen” den Leistungsumfang für Sterilitätsbehandlungen ganz wesentlich ein (z.B. strikte Altersgrenzen für Mann und Frau, Höchstzahl der Behandlungen, IVF-Kosten nur noch zu 50 %). Dafür maßgeblich waren überwiegend finanzielle, nicht aber medizinische Gründe. Seither ist leider ein starker Rückgang der Kinderwunschbehandlungen zu verzeichnen, offensichtlich eine der Folgen der Leistungskürzung!

Gemäß § 27 a SGB V Abs. 1 Zi. 3 wird die Leistung nur einem Ehepaar gewährt. Der Ehevorbehalt und derzeitige Ausschluss nicht verheirateter Paare von der Leistung ist nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28.02.2007 (aufgrund eines Vorlagebeschlusses des Sozialgerichts Leipzig, welches den Ehevorbehalt für verfassungswidrig hielt) nicht verfassungswidrig. Demnach kann zwar der Gesetzgeber die Leistung auf eheähnliche Partnerschaften ausdehnen – er muss es aber nicht; jedenfalls gebietet ihm dies die Verfassung nicht. Der Sozialgesetzgeber durfte sich nach Ansicht des BVerfGe für einen Ehevorbehalt entscheiden.

Nach dem starken Rückgang der Kinderwunschbehandlungen wegen der Leistungskürzungen durch das GMG gibt es starke Bestrebungen, diese gesetzgeberische Fehlentscheidung wieder zu korrigieren. Der Entwurf für ein KiwunschG (Kinderwunschförderungsgesetz) sieht zumindest eine Kassenleistung von 75 % statt bisherigen 50 % vor. Über den Gesetzentwurf soll der Bundestag nach derzeitigem Stand im Sommer 2012 abstimmen. Leider stagniert z. Z. das Gesetzgebungsverfahren!

Einige Kassen sind inzwischen dazu übergegangen, ihren Mitgliedern mittels Satzung gemäß § 11 Abs. 6 SGB V extra Leistungen zu gewähren, die über die derzeit gültigen gesetzlichen Leistungen hinausgehen! So stocken z.B. einige Kassen den gesetzlich vorgeschriebenen Erstattungssatz von 50 % auf z.B. 75 % auf. Ein Kassenvergleich könnte sich also lohnen!

Den Versuch einer Kasse, den „Ehevorbehalt“ in § 27 a Abs. 1 Nr. 3 SGB V mittels Satzung zu umgehen, und Leistungen für künstliche Befruchtung auch nicht verheirateten Paaren, die in eheähnlicher Gemeinschaft leben, zu gewähren, verbot allerdings das BSG (Urteil vom 18.11.2014). Die Satzungsbefugnis der Kasse gemäß § 11 Abs. 6 gehe nicht so weit, gesetzliche Leistungsvoraussetzungen „grundlegend“ abzuändern.

1001, 2010

Leistungsrecht GKV – zu den gesetzlichen Leistungen für IVF in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)

By |Januar 10th, 2010|Rechtslage|0 Comments

Die gesetzlichen Ansprüche der Kassenpatienten auf Krankenbehandlung sind geregelt im SGB V (Sozialgesetzbuch 5. Buch, Krankenversicherung). Es gilt das Wirtschaftlichkeitsgebot, § 12 SGB V. Der Anspruch ist grundsätzlich auf die Sachleistung (ärztliche Behandlung) gerichtet, in besonderen Fällen auf Kostenerstattung, § 13 SGB V.

§ 27 a SGB V: Die künstliche Befruchtung ist in § 27 a SGB V im Einzelnen geregelt. Dort sind insbesondere folgende Voraussetzungen für eine Leistungsgewährung derzeit (Rechtsstand seit 1.1.2004)  normiert:

  • Kinderwunschpaar verheiratet
  • Altersgrenzen (Mindestalter 25 Jahre, Höchstalter Frau 40 und Mann 50)
  • Homologes System (Keimzellen des Paares, keine Drittspende)
  • Vor Behandlungsbeginn von Krankenkasse genehmigter  ärztlicher Behandlungsplan
  • Vor Behandlungsbeginn durchgeführte Beratung durch einen dritten Arzt, der die Sterilitätsbehandlung selbst nicht ausführt und hierzu an eine reproduktionsmedizinische Einrichtung überweist
  • Beachtung der einschlägigen Richtlinien im Rahmen der sterilitätsmedizinischen Behandlung (Indikation der Behandlung, HIV-Test u.a.)
  • Durchführung der Behandlung an einer hierzu befugten ärztlichen Einrichtung, § 121 a SGB V.

Leistungsumfang: Er ist derzeit (Rechtsstand seit 1.1.2004) bundesgesetzlich durch § 27 a SGB V mehrfach begrenzt, z.B.:

  • 50 % der Kosten
  • Höchstzahl von Behandlungszyklen (z.B. bei IVF und Insemination im stimulierten Zyklus: 3 x).

Einzelheiten zur Indikation (z.B. bei Subfertilität, idiopathische Sterilität etc.), zur Durchführung der Behandlung und zu verschiedenen Behandlungsvarianten ( IVF, ICSI, IUI usw.) sind in Richtlinien gemäß § 92 SGB V geregelt, die der Gemeinsame Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen beschließt.

Widerspruch: Bei Leistungsablehnungen ist die Widerspruchsfrist (1 Monat ab Zustellung des Ablehnungsbescheids!) unbedingt zu beachten. Über den Widerspruch entscheidet der Widerspruchsausschuss der Krankenkassen.

Prozess: Gegen den ablehnenden Widerspruchsbescheid ist Klage zum zuständigen Sozialgericht eröffnet. Die Klagefrist (ebenfalls 1 Monat, ab Zustellung des Widerspruchsbescheids) ist unbedingt einzuhalten! Sollte die Krankenkasse die Verbescheidung unangemessen lange verzögern, kann unter gewissen Voraussetzungen Untätigkeitsklage erhoben werden.

Ist die anwaltliche Tätigkeit  nach Widerspruch oder Klageerhebung erfolgreich, so besteht dem Grunde nach im Regelfall ein Anspruch gegen die Krankenkasse auf Erstattung der Anwaltskosten.

Empfehlung: Nach unseren Erfahrungen kommt es immer wieder vor, dass Leistungsanträge nicht oder erst nach umständlicher und zeitraubender Korrespondenz verbeschieden werden. Unangemessene Verzögerungen sollten Sie nicht hinnehmen. Ein Gang zum Anwalt kann die Sache beschleunigen.

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Extras einzelner Krankenkassen! Einige Krankenkassen leisten ihren Mitgliedern für Kinderwunschbehandlung mehr, als gesetzlich vorgeschrieben (z.B. mehr als 50 %). Ein Vergleich unter den Krankenkassen könnte sich daher für Sie lohnen!

Sonderfall Kryokonservierung bei anderer Krankheit: Wenn eine andere Krankheit und deren Behandlung die Fertilität gefährdet (z. B. Krebs + Strahlentherapie), ist die Kryokonservierung von Keimzellen ausnahmsweise eine Kassenleistung. Dies wurde nun mit dem TSVG (Terminservice- und Versorgungsgesetz) vom 6.5.2019 gesetzlich geregelt. Vorher war die Rechtslage unklar; die überwiegende Rechtsprechung, so auch das BSG, lehnten Leistungsansprüche (nach alter Rechtslage) ab.

901, 2010

Privatpatienten / PKV (Private Krankenversicherung)

By |Januar 9th, 2010|Rechtshistorie, Trends|0 Comments

Die neuen Behandlungsmethoden der modernen Reproduktionsmedizin waren für die Gerichte Neuland.

Mit der zutreffenden rechtlichen Einordnung hatten die Gerichte anfangs erhebliche Probleme. Sie lehnten nämlich die IVF als Heilbehandlung einer Krankheit und somit als Versicherungsfall in der PKV ab -gegen jede „medizinische Vernunft“. So wurde IVF von den Medizinern zwar erfolgreich praktiziert, die Kostenübernahme für die Heilmethode von den Gerichten aber mehrheitlich negiert!

IVF als Versicherungsfall – juristisches Neuland ein schwieriges Terrain für die Gerichte:

Ihre Ablehnung begründeten die Zivilgerichte damit, Sterilität sei keine Krankheit, IVF sei keine Heilbehandlung der Krankheit oder jedenfalls nicht notwendig.

Merkwürdiger Weise wurde die IFV-Behandlung zuerst über den Umweg der Behandlung eines sekundär aufgetretenen Nervenleidens als Versicherungsfall anerkannt (Urteile des LG Hamburg vom 30.10.1985 und des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 17.09.1986, 8 U 185/85). In diesem von unserer Kanzlei erstrittenen Urteil ist ausgeführt:

Das Gericht neige dazu, die IVF-Behandlung unserer Mandantin als Heilbehandlung ihrer Sterilität zu werten. Das brauche aber nicht entschieden zu werden, weil jedenfalls die  zusätzlich aufgetretene psychische Erkrankung (Depression aufgrund der ungewollten Kinderlosigkeit) mittels (!) IVF behandelt werde. – So verquer können Richter argumentieren, wenn es um juristisches Neuland geht, das sie nicht betreten wollen.

Auch das LG München I war damals noch auf Ablehnung der neuartigen IVF eingestellt. Sein Urteil vom 19.09.1984 ist ein Musterbeispiel für die angesprochene Reserviertheit der Gerichte gegenüber Neuem. Es wies unsere Klage ab. Auf 17 Urteilsseiten rang es sich zwar dazu durch, (1) die Sterilität als Krankheit zu sehen, auch sei (2) die IVF eine Heilbehandlung dieser Krankheit – aber (3): für diese Heilbehandlung bestehe keine medizinische Notwendigkeit!

Dabei verwechselte das Landgericht auch noch den medizinischen Sachverhalt und sprach von fehlenden Eierstöcken statt fehlender Eileiter (nach einer Krebstherapie). Auf unsere Berufung wurde das Fehlurteil des Landgerichts vom OLG München (Urteil vom 30.06.1987) aufgehoben und der Klage unserer Mandantin auf Zahlung der IVF- Behandlungskosten stattgegeben.

Der BGH hatte in einem anderen Prozess mit seinem 1. Urteil zur IVF  (17.12.1986, IV a ZR 78/85) für Klarheit gesorgt:  bei entsprechender Indikation ist die IVF-Behandlung ein Versicherungsfall in der PKV.

Alle unteren Gerichtsinstanzen und notgedrungen auch die Krankenversicherer folgten in Zukunft dieser Einschätzung.

IVF und 2. Kind / weiterer Kinderwunsch:

In jüngster Vergangenheit musste dann heftig um die Frage 2. (weiteres) Kind gestritten werden. Unsere Kanzlei führte auch hierzu zahlreiche Prozesse. Am Ende gab der BGH auch in dieser Frage den klagenden Kinderwunsch-Paaren Recht!

Aktuelle Streitfragen, Trends:

Paare mit „gemischten Krankheitsbefunden“ (und unterschiedlichen Versicherungen) werden neuerdings oft im Stich gelassen, indem ein Versicherer die Verantwortlichkeit auf den jeweils anderen schiebt. Hier hilft es dann oft nur, beide Versicherungen zu verklagen.

Strittig ist derzeit noch, ob die Kostenübernahme nur verheirateten Kinderwunsch-Paaren zusteht oder auch eheähnlichen (heterosexuellen) Paaren eröffnet ist (Ehevorbehalt). Nach unserer Auffassung darf die Leistung in der Krankenversicherung nicht vom Paarstatus (Heirat oder eheänhliche Lebensgemeinschaft) abhängen. Die Instanzgerichte beurteilen die Frage des Ehevorbehalts derzeit unterschiedlich; ein Urteil des BGH steht dazu noch aus.

Nachdem die IVF nun unstreitig in der PKV ein Versicherungsfall ist, gehen manche Versicherer zu Beschränkungen in ihren Standard- oder Basistarifen über! Sie legen in ihren Allgemeinen Versicherungsbedingungen dort für IVF und alle anderen Maßnahmen der künstlichen Befruchtung und modernen Reproduktionsmedizin Leistungsausschlüsse oder -beschränkungen fest; umfassender Versicherungsschutz für das Sterilitätsrisiko und dessen Heilbehandlung besteht dann nur in den Premiumtarifen. – Also Vorsicht beim Abschluss von Verträgen oder Tarifänderungen! Hier sollte man vorher unbedingt den Leistungsumfang und „das Kleingedruckte“ genau prüfen!

Die Versicherer schulden eine Kostenübernahme für die IVF-Behandlung nur, wenn sie hinreichende Erfolgsaussichten hat. Manche Versicherer neigen nach unserer Erfahrung dazu, die medizinischen Anforderungen zu streng auszulegen und berechtigte Leistungsansprüche abzulehnen. In solchen Fällen sollten Patienten unbedingt anwaltlichen Rat suchen!

Versuchszahl, Kryokosten, Mehrkosten bei mehr als 5 behandelten Eizellen: Zwar ist die IVF als Versicherungsfall seit mehr als 20 Jahren grundsätzlich anerkannt. Dennoch sind zahlreiche Details heute noch streitig und in der Rechtsprechung noch nicht oder erst teilweise geklärt. Da der medizinische Fortschritt nicht still steht und sich immer wieder neue Behandlungsmöglichkeiten eröffnen, entstehen so auch ständig neue Streitthemen zwischen PKV und Patienten.

901, 2010

Beamte / Beihilfe des Bundes bzw. der Länder

By |Januar 9th, 2010|Rechtshistorie, Trends|0 Comments

Die Krankenversicherung der Beamten ist im Beihilferecht (des Bundes bzw. der einzelnen Länder) geregelt. Die Beihilfevorschriften lehnen sich meist an § 27 a SGB V, also an das Recht für die GKV (gesetzliche Krankenversicherung, Kassenpatienten) an – aber Vorsicht: das gilt nicht überall!

Soweit im Beihilferecht § 27 a SGB V gilt (das ist meist, aber nicht ausnahmslos der Fall!), erhalten Beamte bei IVF-Behandlungen Leistungen unter den Voraussetzungen und in dem Umfang wie Kassenpatienten. Das hat derzeit z.B. folgende Auswirkungen = Einschränkungen gegenüber Privatversicherten zur Folge: maximal 3 x IVF, Kosten der IVF nur zu 50 %, keine Leistung an unverheiratetes Paar.

Über § 27 a SGB V gilt in der Beihilfe (meist) das Behandlungsprinzip der GKV, nicht aber das Verursacherprinzip aus der PKV.

Die meisten Beamten schließen für den neben der Beihilfe verbleibenden, restlichen Risikoteil eine private Krankenversicherung ab. Hier können sich leider viele Unstimmigkeiten und Lücken ergeben, da in der PKV das Verursacherprinzip gilt. – Nach derzeit herrschender Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte verlangt es die allgemeine Fürsorgepflicht des Dienstherrn nicht, seine Beamten vor derartigen “systemwidrigen” Lücken oder Unstimmigkeiten zu schützen.- Dies erscheint uns wenig überzeugend und auch wenig befriedigend. Die Gesetzgeber sollten hier rasch die nötigen Korrekturen vornehmen!

901, 2010

Leistungsrecht PKV – zu den Ansprüchen für IVF in der privaten Krankenversicherung (PKV)

By |Januar 9th, 2010|Rechtslage|0 Comments

Die Rechtsgrundlagen für den Versicherungsfall im privaten Krankenversicherungsrecht ergeben sich aus dem VVG (Versicherungsvertragsgesetz) und den jeweiligen AVB (Allgemeine Versicherungsbedingungen) der Versicherung. Diese bestehen meist aus Teil I (entspricht oft den Musterbedingungen MB/KK) und Teil II (Tarife). Die Tarifbedingungen können, müssen aber nicht, spezielle Regelungen zu einzelnen Versicherungsfällen, z.B. zur künstlichen Befruchtung, enthalten.

Neuerdings bauen einige Versicherer in ihre Tarifbedingungen Leistungsbeschränkungen oder gar Leistungsausschlüsse zur künstlichen Befruchtung ein. Diese sind „im Kleingedruckten versteckt“! Also Vorsicht – insbesondere beim Neuabschluss oder der Änderung eines Vertrages! Die Unterschiede zwischen einzelnen Versicherern oder einzelnen Tarifen können gravierend sein! 

Der Versicherungsfall wird in den Musterbedingungen (MB/KK ) allgemein definiert wie folgt:

     „Versicherungsfall ist die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen“.

Die Voraussetzungen für den Versicherungsfall in der PKV sind nach der Rechtssprechung:

  • Vorliegen einer Krankheit
  • Krankheit der versicherten Person (Verursacherprinzip in der PKV!)
  • Heilbehandlung der Krankheit
  • Notwendigkeit der Heilbehandlung (u.a. Erfolgsaussichten der Sterilitätsbehandlung!) 

Einzelheiten sind in der PKV – im Gegensatz zur Rechtslage in der GKV, § 27 a SGB V – nicht normiert. Das hat zur Folge, dass in der PKV ein weit größerer Rahmen für Diskussionen bei der Leistungsgewährung oder beim Leistungsumfang eröffnet ist. Im streitigen Einzelfall müssen die Zivilgerichte den konkreten Versicherungsfall – meist unter Einholung eines sterilitätsmedizinischen Gutachtens nach Aktenlage – dem Grunde und dem Umfang nach beurteilen.

Unterschiede zur GKV: In der PKV gelten keine strikten Altersgrenzen, keine strikte Versuchszahl und auch nicht der Ehevorbehalt (Voraussetzung der Verheiratung – derzeit aber noch strittig!). Für die PKV gilt das Verursacherprinzip. Ein Risikoausschluss zu Sterilitätserkrankungen und Kinderwunschbehandlungen kann im Einzelfall tariflich oder einzelvertraglich bestehen; das ist stets vorab zu prüfen!

Prozess:  Dafür sind die Zivilgerichte (1. Instanz: Amtsgericht oder Landgericht, je nach Streitwert der Klage) zuständig. Bei einem Obsiegen im Prozess muss im Regelfall der unterlegene Gegner die Kosten des Prozesses tragen.

Empfehlung: Gerade für den Bereich der PKV ist es daher dringend angeraten, bei Leistungsablehnung oder auch –verzögerung frühzeitig die Hilfe eines hier spezialisierten Anwalts in Anspruch zu nehmen. Bisweilen taktieren die Versicherer nach unseren Erfahrungen mit Hilfe langwieriger Korrespondenz und spielen auf Zeit, um dann den „Alterseinwand“ (mangelnde Erfolgsaussichten der Behandlung, insbesondere bei älteren Frauen) zu erheben.

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801, 2010

BhV Leistungsrecht für Beamte – zum Beihilferecht des Bundes, der Länder für IVF

By |Januar 8th, 2010|Rechtslage|0 Comments

Für Beamte des Bundes und der Länder finden sich die Rechtsgrundlagen im jeweiligen Beamtenrecht und Beihilferecht des Bundes bzw. des jeweiligen Landes. Im Ergebnis gilt -meist- Kassenrecht!

Die jeweilige BhV (Beihilfeverordnung) verweist idR auf § 27 a SGB V und übernimmt damit gesetzlich die Regelungen aus dem Kassenrecht. Insoweit werden Beamte wie Kassenpatienten behandelt; es gilt unsere Darstellung zur GKV (Gesetzliche Krankenversicherung).

Aber Vorsicht: das gilt nicht überall und nicht uneingeschränkt! Länderabweichungen können vorliegen!

Prozess:  Für Prozesse wegen Beihilfegewährung sind die Verwaltungsgerichte zuständig. Gesetzliche Fristen für Rechtsmittel (z. B. Widerspruchsfrist und Klagefrist) sind unbedingt zu beachten!

„PKV-Anteil“:  Soweit Beamte daneben privat krankenversichert sind, gilt „für diesen Anteil“ unsere Darstellung zur PKV!

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701, 2010

Leistungsrecht für Soldaten und Soldatinnen, Polizisten beim Bundesgrenzschutz für IVF

By |Januar 7th, 2010|Rechtslage|0 Comments

Freie Heilfürsorge und subsidiär Beihilfe:  Soldaten und Polizisten im Bundesgrenzschutz ist freie Heilfürsorge nach den Vorschriften des SG (Soldatengesetz), BBesG (Bundesbesoldungsgesetz) und den Bestimmungen der einschlägigen VwV (Allgemeine Verwaltungsvorschriften) zu gewähren. Subsidiär können sich Leistungsansprüche aus dem Beihilferecht des öffentlichen Dienstes ergeben, da die Fürsorgepflicht des Dienstherren verlangt, Beamte und Soldaten im Wesentlichen gleich zu behandeln; dieses verweist inhaltlich auf die einschlägigen Regelungen im Kassenrecht, also auf § 27 a SGB V und das Recht der GKV (Gesetzliche Krankenversicherung).

Wehrdienstfähigkeit:  Allerdings steht die truppenärztliche Versorgung unter dem Diktat der Herstellung der Wehrdienstfähigkeit. Die Heilfürsorge hat daher in der Vergangenheit mehrfach die Kostenübernahme für die künstliche Befruchtung abgelehnt z.B. mit dem Argument, dabei handele es sich „nur“ um eine Maßnahme der Familienplanung. Es wurden auch Unterschiede zwischen den Behandlungsformen IVF und IVF + ICSI gemacht. Neuere Urteile bejahen aber die Kostenübernahme, insbesondere für IVF bei Soldatinnen!

Für Soldaten hat der Gesetzgeber 2016 für eine gewisse Klarheit gesorgt: gemäß § 69 a Abs. 4 BBesG (Bundesbesoldungsgesetz) werden Kosten für künstliche Befruchtung wie im Kassenrecht übernommen. Ob mit einer derartigen Pauschalverweisung alle Fragen geklärt sind, bleibt abzuwarten und wird die Rechtspraxis zeigen.

Prozess:   Zuständig sind die Verwaltungsgerichte. Gesetzliche Fristen für Rechtsmittel (z.B. Widerspruchsfrist und Klagefrist) sind unbedingt zu beachten!

Empfehlung:  Nehmen Sie eine Leistungsablehnung nicht ungeprüft hin!

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