GKV

205, 2010

Abstimmungsproblem GKV / PKV: Systemlücke = Leistungslücke – keine volle Kostenübernahme durch Krankenkasse, wenn der (gesunde) Ehepartner privat versichert ist (BSG)!

By |Mai 2nd, 2010|GKV Krankenkassen|0 Comments

Im Kassenrecht (GKV) gilt grundsätzlich gemäß § 27 a SGB V das Behandlungsprinzip. Die Kasse muss demnach -nur- Leistungen für die Behandlungsmaßnahmen gewähren, die am Körper ihres Mitglieds durchgeführt werden (und noch für extrakorporale Maßnahmen), unabhängig davon, wer von beiden der Verursacher der Paarsterilität ist. Für Behandlungsteile am Körper des anderen Ehepartners muss sie dagegen nicht aufkommen.

Das passt zusammen, wenn beide Ehepartner Mitglieder in der GKV sind. Dann kann auch keine Leistungslücke im System auftreten.

Der Versicherungsfall in der PKV (privaten Krankenversicherung) ist aber anders geregelt. Dort gilt streng das Verursacherprinzip. Die PKV muss demnach nur dann und insoweit leisten, als es um eine Sterilitätserkrankung ihres eigenen Versicherungsnehmers geht.

Bei einem „gemischt versicherten“ Ehepaar passt dies nicht zusammen, da GKV und  PKV in der Zuordnung der Behandlung nicht aufeinander abgestimmt sind. Es kann eine Leistungslücke entstehen, z.B. bei folgender Konstellation:  Der Mann (GKV) ist der alleinige Verursacher der Sterilität und seine gesunde Frau ist privat versichert. Deren PKV muss dann nämlich keinerlei Kosten übernehmen (mangels Krankheit ihrer Versicherungsnehmerin). Nach Ansicht des SG Trier  muss in dieser besonderen Situation die Kasse des Mannes ausnahmsweise auch die “weiblichen” Behandlungskosten (Behandlungsmaßnahmen am Körper der Frau) tragen (S 4 KR 135/02, Urteil vom 10.02.2004), da anders die Leistungslücke im System nicht geschlossen werden könne!

Anmerkung: Das Urteil des SG Trier wurde nicht rechtskräftig. In der Berufungsinstanz kam es zu einem Vergleich.
Das Urteil des SG Trier ist nach unserer Meinung im Ergebnis zutreffend; das Behandlungsprinzip im Kassenrecht gemäß § 27 a SGB V Abs. 3 ist nach unserer Auffassung nur anzuwenden, wenn beide Ehepartner Kassenmitglieder sind.

update: Inzwischen hat leider das BSG der Rechtsauffassung des SG Trier eine Absage erteilt und in einem anderen Verfahren entschieden, dass die beschriebene Leistungslücke bei gemischt versicherten Paaren hinzunehmen ist (Urteil vom 18.09.2008, B 3 KR 5/08 B). Damit werden gemischt versicherte Paare in bestimmten Konstellationen schlechter gestellt als einheitlich GKV versicherte Paare! Das BSG will darin keine unzulässige Ungleichbehandlung sehen! – Das überzeugt nicht – ist aber so!

 

 

 

 

 

903, 2010

Leistungrecht zur IVF – eine kleine Auswahl häufiger Streitthemen

By |März 9th, 2010|Rechtslage|0 Comments

  • Kostenübernahme für 2. (weiteres) Kind:
    • GKV: ja, § 27 a SGB V
    • PKV: ja, BGH-Urteil vom 21.09.2005
  • Quasi heterologe Behandlung (keine Drittspende, Paar aber nicht verheiratet):
    • GKV: nein, kein Anspruch (Ehevorbehalt bestätigt von Bundesverfassungsgericht,  Urteil 28.02.07)
    • PKV: Instanzgerichte wohl mehrheitlich ja, noch strittig,  BGH-Urteil steht noch aus
  • Heterologe Behandlung Eizellspende oder Samenspende Dritter:
    • kein Leistungsanspruch
    • Eizellspende anderer Frau unzulässig in BRD; Behandlung für Arzt strafbar!
    • Samenspende anderen Mannes unter engen Voraussetzungen zulässig (bei Infertilität des Mannes eines Ehepaares) – rechtsethisch dennoch problematisch! Große Folgeprobleme bezüglich Erbrecht, Unterhaltsrecht und Abstammungsrecht des Kindes. Bedenklich bezüglich Kindeswohl!
      Süddeutsche Zeitung vom 17.12.07
      “Auf der Suche nach dem Ich”

      Identitätsprobleme der Kinder von anonymen Samenspendern
  • Altersgrenzen:
    • GKV: im Gesetz geregelt, § 27 a SGB V
    • PKV: in AVB meist nicht geregelt; häufiger Einwand der Versicherer bei zunehmendem Alter: zu geringe Erfolgsaussichten der IVF-Behandlung

Weitere Einzelheiten:

  • in den folgenden Artikeln auf dieser Seite, geordnet nach den verschiedenen Versicherungsbereichen GKV, PKV, Beihilfe, Heilfürsorge
  • in unserer Urteilssammlung

 

2402, 2010

Infos, Überblick – Kostenübernahme IVF:

By |Februar 24th, 2010|Kostenübernahme IVF Infos|0 Comments

Hier finden Sie in Kurzform Infos rund um das Thema „IVF, Kinderwunschbehandlung – Kostenübernahme für Sterilitätsbehandlung“ nach den unterschiedlichen Versicherungsbereichen:

  • PKV
  • GKV
  • Beamte – Beihilfe, öffentlicher Dienst
  • Soldaten, Polizisten beim Bundesgrenzschutz – Truppenärztliche Versorgung, Heilfürsorge

Bitte beachten Sie, dass jeder Fall anders liegen kann und daher verallgemeinerte Aussagen nicht oder jedenfalls nicht „1 : 1“ übertragbar sind. Individuelle anwaltliche Beratung durch einen Spezialisten ist daher im streitigen Einzelfall unverzichtbar! – Das gilt ganz besonders für Fälle, die „nicht ins Schema passen“ oder komplizierte Ausgangskonstellationen haben – z. B.:

  • Problemfälle –  unterschiedlicher Versicherungsstatus innerhalb des Paars
  • Probelmfälle – beidseitige oder unklare Sterilitätsursachen innerhalb des Paars oder streitige  Gewichtung der männlichen und weiblichen Ursachenanteile der Paarsterilität
902, 2010

Kassenpatienten / GKV (gesetzliche Krankenversicherung)

By |Februar 9th, 2010|Rechtshistorie, Trends|0 Comments

Auch die Sozialgerichte lehnten anfangs mehrheitlich die IVF-Behandlung als Leistungsfall in der GKV ab (gesetzliche Regelungen für die IVF existierten noch nicht).

Positiv, für IVF,  entschied als erstes Sozialgericht soweit ersichtlich das Sozialgericht Gelsenkirchen (Urteil vom 08.09.1983, S 17 Kr 25/83).

Das BSG sprach mit Urteil vom 12.11.1985, 3 RK 48/83, immerhin aus, dass die Unfruchtbarkeit einer Frau im gebärfähigen Alter als behandlungsbedürftige Krankheit zu bewerten ist. Dort ging es um die Kosten einer Refertilisierungsoperation; die Frau wollte ihre frühere Sterilisation wieder rückgängig machen, da sie nun eine neue Partnerschaft eingegangen war. Das BSG versagte die Kostenübernahme, weil der Zustand nicht krankhaft sondern bewusst  im Sinne der Familienplanung herbei geführt worden war.

Zur IVF äußerte sich das BSG sodann im Urteil vom 08.03.1990, 3 RK 24/89, und stellte fest, dass die IVF im Prinzip eine Krankenbehandlung sein könne. Da es im vorliegenden Fall aber um eine sogenannte heterologe IVF ging (die verheiratete Frau hatte beide Eierstöcke krankheitsbedingt verloren und erhielt in Wien eine Eizellspende), wies das BSG auch diese Klage auf Kostenübernahme ab.

Nach der beginnenden Durchsetzung der IVF vor den Sozialgerichten konterte dann der Gesetzgeber mit dem GRG (Gesundheit-Reformgesetz) vom 20.12.1988: die IVF-Behandlung als Kassenleistung wurde mit dem GRG mit Wirkung zum 1.1.1989 wieder abgeschafft!

Dafür genügte 1 Satz, der in § 27 SGB V (Fassung 1.1.1989) mit dem GRG angefügt wurde:

“ Leistungen für eine künstliche Befruchtung gehören nicht zur Krankenbehandlung.“

Damit wurde den zuvor erkämpften, positiven Urteilen mit einem Schlag für die Zukunft die Grundlage entzogen. Zugleich trat der merkwürdige, verfassungsrechtlich sehr fragwürdige Gesetzeszustand ein, dass “lediglich” sozialindizierte Abtreibungen eine Kassenleistung waren, Kinderwunschbehandlung eines sterilen Ehepaares dagegen nicht! Ein Skandal unter rechtsethischen Gesichtspunkten!

Nach einem Proteststurm wurde diese Fehlentwicklung rasch durch das sogenannte KOV-Anpassungsgesetz 1990 vom 26.09.1990 korrigiert – und zwar rückwirkend zum 1.1.1989!  In das SGB V wurde ein neuer § 27 a „Künstliche Befruchtung“  aufgenommen:

Die IVF wurde wieder 100 %ige Kassenleistung, § 27 a SGB V.

Damit war der alte, vor den Gerichten schon einmal erkämpfte Rechtszustand wieder hergestellt. Und es war Rechtsklarheit geschaffen, da sich die Leistungsanspüche für IVF jetzt aus einem allgemein gültigen Gesetz ergaben und nicht mehr aus Einzelurteilen der Sozialgerichte abgeleitet werden mussten.

Zum 1.1.2004 wurde dann abermals der Gesetzgeber restriktiv tätig und schränkte mit dem GMG (GKV-Modernisierungsgesetz) vom 14.11.2003  im Zuge “knapper Gesundheitskassen” den Leistungsumfang für Sterilitätsbehandlungen ganz wesentlich ein (z.B. strikte Altersgrenzen für Mann und Frau, Höchstzahl der Behandlungen, IVF-Kosten nur noch zu 50 %). Dafür maßgeblich waren überwiegend finanzielle, nicht aber medizinische Gründe. Seither ist leider ein starker Rückgang der Kinderwunschbehandlungen zu verzeichnen, offensichtlich eine der Folgen der Leistungskürzung!

Gemäß § 27 a SGB V Abs. 1 Zi. 3 wird die Leistung nur einem Ehepaar gewährt. Der Ehevorbehalt und derzeitige Ausschluss nicht verheirateter Paare von der Leistung ist nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28.02.2007 (aufgrund eines Vorlagebeschlusses des Sozialgerichts Leipzig, welches den Ehevorbehalt für verfassungswidrig hielt) nicht verfassungswidrig. Demnach kann zwar der Gesetzgeber die Leistung auf eheähnliche Partnerschaften ausdehnen – er muss es aber nicht; jedenfalls gebietet ihm dies die Verfassung nicht. Der Sozialgesetzgeber durfte sich nach Ansicht des BVerfGe für einen Ehevorbehalt entscheiden.

Nach dem starken Rückgang der Kinderwunschbehandlungen wegen der Leistungskürzungen durch das GMG gibt es starke Bestrebungen, diese gesetzgeberische Fehlentscheidung wieder zu korrigieren. Der Entwurf für ein KiwunschG (Kinderwunschförderungsgesetz) sieht zumindest eine Kassenleistung von 75 % statt bisherigen 50 % vor. Über den Gesetzentwurf soll der Bundestag nach derzeitigem Stand im Sommer 2012 abstimmen. Leider stagniert z. Z. das Gesetzgebungsverfahren!

Einige Kassen sind inzwischen dazu übergegangen, ihren Mitgliedern mittels Satzung gemäß § 11 Abs. 6 SGB V extra Leistungen zu gewähren, die über die derzeit gültigen gesetzlichen Leistungen hinausgehen! So stocken z.B. einige Kassen den gesetzlich vorgeschriebenen Erstattungssatz von 50 % auf z.B. 75 % auf. Ein Kassenvergleich könnte sich also lohnen!

Den Versuch einer Kasse, den „Ehevorbehalt“ in § 27 a Abs. 1 Nr. 3 SGB V mittels Satzung zu umgehen, und Leistungen für künstliche Befruchtung auch nicht verheirateten Paaren, die in eheähnlicher Gemeinschaft leben, zu gewähren, verbot allerdings das BSG (Urteil vom 18.11.2014). Die Satzungsbefugnis der Kasse gemäß § 11 Abs. 6 gehe nicht so weit, gesetzliche Leistungsvoraussetzungen „grundlegend“ abzuändern.

1001, 2010

Leistungsrecht GKV – zu den gesetzlichen Leistungen für IVF in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)

By |Januar 10th, 2010|Rechtslage|0 Comments

Die gesetzlichen Ansprüche der Kassenpatienten auf Krankenbehandlung sind geregelt im SGB V (Sozialgesetzbuch 5. Buch, Krankenversicherung). Es gilt das Wirtschaftlichkeitsgebot, § 12 SGB V. Der Anspruch ist grundsätzlich auf die Sachleistung (ärztliche Behandlung) gerichtet, in besonderen Fällen auf Kostenerstattung, § 13 SGB V.

§ 27 a SGB V: Die künstliche Befruchtung ist in § 27 a SGB V im Einzelnen geregelt. Dort sind insbesondere folgende Voraussetzungen für eine Leistungsgewährung derzeit (Rechtsstand seit 1.1.2004)  normiert:

  • Kinderwunschpaar verheiratet
  • Altersgrenzen (Mindestalter 25 Jahre, Höchstalter Frau 40 und Mann 50)
  • Homologes System (Keimzellen des Paares, keine Drittspende)
  • Vor Behandlungsbeginn von Krankenkasse genehmigter  ärztlicher Behandlungsplan
  • Vor Behandlungsbeginn durchgeführte Beratung durch einen dritten Arzt, der die Sterilitätsbehandlung selbst nicht ausführt und hierzu an eine reproduktionsmedizinische Einrichtung überweist
  • Beachtung der einschlägigen Richtlinien im Rahmen der sterilitätsmedizinischen Behandlung (Indikation der Behandlung, HIV-Test u.a.)
  • Durchführung der Behandlung an einer hierzu befugten ärztlichen Einrichtung, § 121 a SGB V.

Leistungsumfang: Er ist derzeit (Rechtsstand seit 1.1.2004) bundesgesetzlich durch § 27 a SGB V mehrfach begrenzt, z.B.:

  • 50 % der Kosten
  • Höchstzahl von Behandlungszyklen (z.B. bei IVF und Insemination im stimulierten Zyklus: 3 x).

Einzelheiten zur Indikation (z.B. bei Subfertilität, idiopathische Sterilität etc.), zur Durchführung der Behandlung und zu verschiedenen Behandlungsvarianten ( IVF, ICSI, IUI usw.) sind in Richtlinien gemäß § 92 SGB V geregelt, die der Gemeinsame Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen beschließt.

Widerspruch: Bei Leistungsablehnungen ist die Widerspruchsfrist (1 Monat ab Zustellung des Ablehnungsbescheids!) unbedingt zu beachten. Über den Widerspruch entscheidet der Widerspruchsausschuss der Krankenkassen.

Prozess: Gegen den ablehnenden Widerspruchsbescheid ist Klage zum zuständigen Sozialgericht eröffnet. Die Klagefrist (ebenfalls 1 Monat, ab Zustellung des Widerspruchsbescheids) ist unbedingt einzuhalten! Sollte die Krankenkasse die Verbescheidung unangemessen lange verzögern, kann unter gewissen Voraussetzungen Untätigkeitsklage erhoben werden.

Ist die anwaltliche Tätigkeit  nach Widerspruch oder Klageerhebung erfolgreich, so besteht dem Grunde nach im Regelfall ein Anspruch gegen die Krankenkasse auf Erstattung der Anwaltskosten.

Empfehlung: Nach unseren Erfahrungen kommt es immer wieder vor, dass Leistungsanträge nicht oder erst nach umständlicher und zeitraubender Korrespondenz verbeschieden werden. Unangemessene Verzögerungen sollten Sie nicht hinnehmen. Ein Gang zum Anwalt kann die Sache beschleunigen.

Mehr Info zum Thema?  Dann besuchen Sie bitte unsere einschlägigen Seiten Rechtsgrundlagen, Urteile!

Sie wünschen individuelle anwaltliche Beratung oder Vertretung? Dann kontaktieren Sie bitte uns oder einen anderen spezialisierten Anwalt!

Extras einzelner Krankenkassen! Einige Krankenkassen leisten ihren Mitgliedern für Kinderwunschbehandlung mehr, als gesetzlich vorgeschrieben (z.B. mehr als 50 %). Ein Vergleich unter den Krankenkassen könnte sich daher für Sie lohnen!

Sonderfall Kryokonservierung bei anderer Krankheit: Wenn eine andere Krankheit und deren Behandlung die Fertilität gefährdet (z. B. Krebs + Strahlentherapie), ist die Kryokonservierung von Keimzellen ausnahmsweise eine Kassenleistung. Dies wurde nun mit dem TSVG (Terminservice- und Versorgungsgesetz) vom 6.5.2019 gesetzlich geregelt. Vorher war die Rechtslage unklar; die überwiegende Rechtsprechung, so auch das BSG, lehnten Leistungsansprüche (nach alter Rechtslage) ab.

1001, 2010

Leistungseinschnitte ab 1.1.2004: Behandlungsrahmen nur noch 3 x IVF – aber ganz oder z.T. wieder eröffnet nach Geburt, bei Schwangerschaft aus IVF

By |Januar 10th, 2010|GKV Krankenkassen|0 Comments

Nach § 27 a SGB V werden von der Krankenkasse nur noch maximal 3 Behandlungszyklen einer IVF-Behandlung als Kassenleistung geschuldet – und zwar nur noch zu 50 % der Kosten (Rechtslage bis 31.12.2003: 4 x zu 100%) . Sowohl die Beschränkung auf 3 Zyklen als auch die Beschränkung auf 50 % der Kosten ist rechtmäßig und verfassungskonform (mehrere Urteile des BSG, zuletzt vom Juni 2009).

Unstreitig ist der  Behandlungsrahmen neu in vollem Umfang eröffnet nach einer Totgeburt. Ob Gleiches bei einem Abort gilt, ist strittig, jedenfalls höchstrichterlich noch nicht entschieden.  In diesem Fall konnte bei unserer Mandantin im letzten Behandlungszyklus (der Leistungsumfang gemäß § 27 a SBG V war damit ausgeschöpft) eine Schwangerschaft erzielt und auch klinisch nachgewiesen werden. Leider kam es anschließend zu einem Abort. Die beklagte BKK wollte daher unter Hinweis auf die Vorbehandlung  keine weiteren IVF-Behandlungszyklen mehr gewähren; eine so kurze Schwangerschaft sei unbeachtlich und mit einer Totgeburt nicht gleichzusetzen.

Das Gericht war aber anderer Meinung. Nach seinem Hinweis, dass es “nur” auf das Erzielen einer klinischen Schwangerschaft, nicht aber auf deren endgültigen Erfolg (=Geburt) ankomme, gab die BKK ein Anerkenntnis ab und gewährte antragsgemäß weitere Behandlungszyklen einer kombinierten IVF- und ICSI-Behandlung (SG Regensburg, S 14 KR 219/04).

Anmerkungen:

(1) Inzwischen hat in ähnlicher Weise das LSG Schleswig (Urteil vom 10.05.2006, AZ. L 5 KR 56/05) entschieden.

(2) Leider lässt sich auf alle Behandlungsfälle keine einheitliche Antwort finden. Die einschlägigen Richtlinien zur künstlichen Befruchtung wurden und werden nämlich im Lauf der Zeit immer wieder geändert!

(3)  Das BSG hat inzwischen mit Urteil vom 25.6.2009 entschieden, dass bei 3 erfolglosen IVF-Behandlungen kein neuer Behandlungsrahmen eröffnet ist, auch wenn in einem 4. IVF-Zyklus (selbst finanziert) eine Schwangerschaft (vorübergehend) erzielt wurde. Diesem Urteil lagen aber die Richtlinien in der Fassung vom 19.10.2004 zu Grunde, die heute nicht mehr gültig ist!

701, 2010

Verursacherprinzip in der PKV II – Sterilitätsursachen allein bei einem Partner des Paares

By |Januar 7th, 2010|PKV Privatversicherung|0 Comments

In der PKV gilt das sogenannte Verursacherprinzip (anders als bei der GKV = gesetzliche Krankenkassen). Das bedeutet, dass die PKV die Behandlungskosten nur dann und in dem Umfang übernimmt, wie sie durch eine Sterilitätsursache der bei ihr versicherten Person verursacht sind. Aus diesem Grundprinzip erklären sich die 3 folgenden Urteile:

Kranker Mann, kombinierte IVF- und ICSI-Behandlung = PKV muss Gesamtkosten der Kinderwunschbehandlung des kranken Mannes zahlen:

Eine kombinierte IVF- und ICSI-Behandlung wurde durchgeführt, weil der Mann an einer Infertilität (Unfruchtbarkeit) litt; seine Frau war dagegen gesund. In diesem Fall muss nach der Entscheidung des BGH (IV ZR 25/03, Urteil vom 03.03.2004) die Versicherung des kranken Mannes die gesamten Kosten der Kinderwunschbehandlung tragen, einschließlich der ärztlichen Behandlungsmaßnahmen, die am Körper seiner (gesunden) Ehefrau zur Ermöglichung einer künstlichen Befruchtung nötig waren.

Damit hat über diese Konstellation erstmals der BGH entschieden und zwar mit dem gleichen Ergebnis wie bereits ca. 15 Jahre zuvor das LG Oldenburg in einem von unserer Kanzlei geführten Prozess (Urteil vom 08.05.1990, MDR 1990,927).

Gesunde Frau = ihre PKV ist nicht eintrittspflichtig :

Aus dem Verursacherprinzip folgt umgekehrt, dass die private Krankenversicherung einer gesunden Frau nicht für die Behandlungskosten einzutreten hat, wenn die Ursache für die Paarsterilität (allein) bei ihrem anderweitig versicherten Mann liegt (BGH IV ZR 58/97, Urteil vom 12.11.1997).

Das gilt selbst dann, wenn dieser Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse ist und seine Kasse wegen der dort abweichenden Rechtslage (§ 27 a SGB V, Behandlungsprinzip!) u. U. nur einen geringen Teil der Gesamtbehandlungskosten zu tragen hat!

701, 2010

Verursacherprinzip in der PKV III – idiopathische Sterilität in der PKV nach herrschender Rechtsprechung kein Versicherungsfall! – doch wann liegt definitiv idiopathische Sterilität vor?

By |Januar 7th, 2010|PKV Privatversicherung|0 Comments

Bei einer Frau konnte die konkrete Ursache ihrer Sterilität nicht gefunden werden. Das Gericht ging aber davon aus, dass sie an Sterilität litt.  Nach dem Urteil des OLG Nürnberg (8 U 850/93, 27.05.1993) ist die IVF-Behandlung in dieser Situation dennoch ein Versicherungsfall. Es komme im Leistungsrecht der privaten Krankenversicherung nicht auf die Kenntnis einer genauen Krankheitsursache sondern auf die Behandlung oder Linderung der Krankheit selbst an. Der zweifellos vorliegende Funktionsausfall bei der Frau (sonst läge ja keine Sterilität vor) wird jedenfalls durch eine IVF-Behandlung in geeigneter und notwendiger Weise behandelt. Dies sei bei ihr ein Fall  idiopathischer Sterilität und begründe die Leistungspflicht ihrer PKV.

Anmerkung: Diese schon etwas ältere und von den Versicherungen seither heftig bestrittene Rechtsauffassung hat jüngst das LG Oldenburg in einem von unserer Kanzlei für eine Münchner Patientin geführten Rechtsstreit bestätigt (LG Oldenburg, Urteil vom 30.11.2007). Schon bei einem “lediglich” diskreten Hinweis auf eine (weibliche) Funktionsstörung der Eileiter (Tubenstörung) musste dort die PKV der Frau für die Kosten der (mehrmaligen) IVF-Behandlung aufkommen – jedenfalls dann, wenn der Mann gesund erscheint und daher die Paarsterilität nicht von ihm verursacht sein kann.

Anders in der GKV:

In der GKV (Gesetzliche Krankenversicherung) ist die Indikation “idiopathische Sterilität” ein klarer Leistungsfall für die GKV. Dies ergibt sich aus den dort gültigen Richtlinien für die ärztliche IVF-Behandlung. Allerdings gilt im Bereich der PKV (Private Krankenversicherung) das Verursacherprinzip – abweichend von der Rechtslage in der GKV!

601, 2010

Heterologe IVF-Behandlung I – Eizellspende ist keine Kassenleistung

By |Januar 6th, 2010|GKV Krankenkassen|0 Comments

Einer verheirateten Frau mussten wegen einer früheren Erkrankung beide Eierstöcke entfernt werden. Sie konnte daher keine Eizellen mehr entwickeln und daher auch nicht von selbst schwanger werden. Sie wollte daher eine fremde Eizelle (Eizellspende) einer anderen Frau mit dem Samen ihres Ehemannes extrakorporal befruchten und sich dann einsetzen lassen, um anschließend die Schwangerschaft selbst austragen. Die Behandlung wurde damals (1986) im Ausland (Wien, Österreich) durchgeführt.

Eine solche heterologe IVF-Behandlung (die Eizellen und Samenzellen stammen nicht vom gleichen Ehepaar; eine dritte Person ist als Spender beteiligt) ist im Gegensatz zur homologen IVF-Behandlung  keine Kassenleistung, § 27 a Abs. 1 Nr. 3 und 4 SGB V (BSG 3 RK24/89, Urteil vom 08.03.1990).

Anmerkung: Auch nach dem Inkrafttreten des ESchG (Embryonenschutzgesetz) im Jahre 1990 urteilte das BSG über die Fremd-Eizellspende genauso (B 1 KR 33/00 R, 09.10.2001). Für ein Behandlungsverfahren, das gegen das ESchG verstößt, kann es keine Kassenleistung geben.

Von der heterologen Behandlung im engeren Sinn (Verwendung von Samen- oder Eizellen einer dritten Person außerhalb des Paares) ist nach unserer Auffassung die Sterilitätsbehandlung unter ausschließlicher Verwendung eigener Keimzellen eines Paares, das “lediglich” nicht verheiratet ist, zu unterscheiden. Im ersten Fall sind fremde Keimzellen einer dritten Person außerhalb des Paares beteiligt, im zweiten Fall geht es “nur” um den Status des Paars: Paar mit oder ohne Trauschein.

601, 2010

“Heterologe” IVF-Behandlung II – IVF bei nichtehelicher Lebensgemeinschaft derzeit leider auch keine Kassenleistung (Ehevorbehalt)

By |Januar 6th, 2010|GKV Krankenkassen|0 Comments

Die Kostenübernahme für eine Kinderwunschbehandlung wurde einem nicht verheirateten Paar vom Bay. LSG versagt. § 27 a SGB V gewähre die Leistung nur Ehepaaren.

Andere (heterosexuelle) Partnerschaften seien ausgeschlossen, auch wenn die Partnerschaft ernsthaft und auf Dauer angelegt ist und schon langjährig besteht. Auch wenn hier nur Samen- und Eizellen der beiden Partner aus dem Paar verwendet wurden, scheide eine Kassenleistung wegen des Ehevorbehalts in § 27 a SGB V aus (L 4 KR111/03, Urteil vom 17.06.2004).

Zwar liege keine heterologe Behandlung in Form einer Eizellspende oder Samenspende vor. Das Paar mit Kinderwunsch hätte aber heiraten können, um dann IVF als Kassenleistung zu erlangen.

Anmerkung: Der in § 27 a Abs. 1 Nr. 3 SBG V zum Ausdruck kommende Ehegattenvorbehalt (Leistung nur für Ehepaare) ist nicht verfassungswidrig gemäß Urteil des BVerfG (Bundesverfassungsgericht) vom 28.02.2007,1 BvL 5/03. Der Gesetzgeber darf – muss aber nicht – unverheiratete Paare von der Leistung ausschließen. Das Kindeswohl sei in einer Ehe besser aufgehoben als in einer eheähnlichen Partnerschaft, so das BVerfG. Der Gesetzgeber habe nämlich die IVF-Behandlung nicht als Heilbehandlung einer Krankheit gesehen und geregelt sondern als eigenständigen Versicherungsfall verstehen wollen. Dafür würden besondere Regeln gelten, die dem Gesetzgeber größere Freiheiten in der Ausgestaltung überließen. Dies ergebe sich auch aus der Rechtssprechung des BSG (Bundessozialgericht). Hätte das Gesetz die IVF-Behandlung als “normale” Heilbehandlung einer “normalen” Krankheit geregelt, dann wäre der Ausschluss der nicht verheirateten Paare von der Kassenleistung nach Ansicht des BVerfG  allerdings verfassungswidrig!

Dieser gesetzliche Ehevorbehalt aus § 27 a Abs. 1 Nr.3 SGB V kann nach Ansicht des BSG (Urteil vom 18.11.2014) auch nicht durch Satzung einer Krankenkasse umgangen werden. Die Kasse habe mit § 11 Abs. 6 SGB V nicht das Recht, gesetzliche Leistungsvoraussetzungen grundlegend (anders) zu gestalten. Das BSG verbot daher einer Krankenkasse, mittels Satzung künstliche Befruchtung auch nicht verheirateten Paaren, die in eheähnlicher Gemeinschaft dauerhaft zusammen leben, zu gewähren.