Wird in einer Privatangelegenheit – und dazu gehören z.B. Maßnahmen der Krankenbehandlung und Leistungsansprüche gegen die Krankenversicherung auf Kostenübernahme – ein Prozess geführt, so konnten die damit verbundenen Rechtsverfolgungskosten (Anwaltskosten, Gerichtskosten, Gutachtenkosten) früher so gut wie nie steuermindernd als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 EStG geltend gemacht werden. Nach einer zwischenzeitlichen Lockerung zu Gunsten des Steuerzahlers kehrte der BFH (Bundesfinanzhof) wieder zu seiner alten, sehr strengen Rechtsprechung zurück (Urteil vom 18.6.2015), sodass jetzt leider wieder gilt: Die Prozesskosten sind nur in seltenen Ausnahmefällen unter sehr engen Voraussetzungen absetzbar.

Die sehr strenge Rechtsprechung des BFH (Bundesfinanzhof) verlangte früher, dass die Kosten „zwangsläufig“ entstehen müssen – und hielt daher dem Steuerpflichtigen regelmäßig entgegen, dass ein Zivilprozess ja gerade „freiwillig“ angestrengt werde. Eine Absetzung war nur möglich, wenn ohne den Prozess die Existenzgrundlage gefährdet war oder der Kernbereich menschlichen Lebens nachhaltig betroffen war. Diese Voraussetzungen waren natürlich in den meisten Fällen nicht gegeben oder nicht nachweisbar.

Von dieser rigorosen Beschränkung hat vorübergehend der BFH Abstand genommen! In seinem Urteil vom 12.05.2011 erklärte er ausdrücklich, dass er an der früheren Rechtsprechung nicht mehr festhalte!

Konkret ging es in diesem Fall um Prozesskosten, die dem Steuerpflichtigen aus einem Zivilprozess gegen seine PKV (private Krankenversicherung) anlässlich eines Streits über die Weiterzahlung von Krankentagegeld entstanden waren. Den Prozess hatte er verloren.

Der BFH ließ nun zu (Urteil vom 12.05.2011), dass die Rechtsverfolgungskosten des Ausgangsverfahrens gegen die PKV steuermindernd als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 EStG in Betracht kommen. Er hob das gegenteilige Urteil des Finanzgerichts Köln auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung an das FG zurück. – Allerdings bleibt es dabei, dass die Prozesskosten unausweichlich sein müssen und der Ausgangsprozess weder mutwillig noch erfolglos erscheint. Erfolgversprechend ist der Ausgangsprozess nach Ansicht des BFH nur dann, wenn seine Gewinnchancen bei mindestens 50 % liegen.

Die Hürden für eine Absetzbarkeit waren also immer noch hoch! Aber nicht mehr unüberwindlich hoch wie nach der alten Rechtsprechung!

Leider änderte sich die Situation erneut, nämlich mit einer Gesetzesänderung und mit Urteil des BFH vom 28.11.2015: seither gilt in etwa wieder der frühere, äußerst strenge Maßstab – zu Gunsten des Fiskus und zu Lasten der Steuerzahler.