Vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) war das Österreichische Fortpflanzungsmedizingesetz (ÖstFMedG) auf dem Prüfstand. Der EGMR entschied (Urteil vom 03.11.2011, Az. 57813/00), dass das dortige, nationale Verbot einer IVF-Behandlung mit gespendeten Gameten (Samen oder Eizellen) Dritter nicht gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) verstoße und daher wirksam sei – jedenfalls derzeit. Zuvor hatte bereits der Österreichische Verfassungsgerichtshof  (ÖstVerfGH) im Ergebnis genauso geurteilt (Urteil vom 14.10.1999).

Dem lag folgender Sachverhat zu Grunde:

Die Beschwerdeführer (2 österreichische Ehepaare) konnten krankheitsbedingt nicht spontan schwanger werden. Aber auch eine künstliche Befruchtung (IVF-Behandlung) alleine, jeweils mit Samen und Eizellen innerhalb des Paares, versprach wegen der vorliegenden Krankheitsbilder keinen Erfolg. In einem Fall bedurfte es einer Kombination aus künstlicher Befruchtung und Samenspende, im anderen Fall aus IVF und Eizellspende. Allerdings verbietet die Rechtslage in Österreich im Zusammenhang mit einer IVF-Behandlung die Gametenspende durch Dritte. Dagegen wandten sich die Beschwerdeführer zunächst vor den nationalen Gerichten in Österreich – erfolglos.

Die anschließende Beschwerde in Straßburg beim EGMR blieb gleichfalls erfolglos, u.a. aus folgenden Erwägungen des EGMR.

Zwar könne das gesetzliche Verbot in Österreich das Menschenrecht aus Art. 8 EMRK (Achtung des Privat- und Familienlebens) berühren. Jedoch habe sich unter den Konventionsstaaten bisher keine eindeutige und einheitliche Meinung zum Thema Samenspende und Eizellspende gebildet. Die Frage sei in der österreichischen Öffentlichkeit damals völlig kontovers diskutiert worden und moralisch wie gesellschaftlich schwierig zu beantworten. Die Erwägung vor Missbrauch der IVF-Technik zu schützen, sei beachtlich. Das ÖstFMedG suche einen Ausgleich der widerstreitenden privaten und öffentlichen Interessen, wie bespielsweise Kinderwunsch des Paares (neben Adoptionsmöglichkeit), Gestaltung eindeutiger Abstammungs- und Beziehungsverhältnisse, Kindeswohl (Kenntnis der Abstammung des Kindes und anonymer Drittspender) etc.  – Vor diesem Hintergrund habe der Gesetzgeber einen weiten Ermessensspielraum, der hier durch das ÖstFMedG eingehalten sei. Zwar hätte Österreich im Lichte der EMRK die Gametenspende auch anders regeln, also zulassen können, wie einige andere europäischen Länder – aber nicht müssen. Beide gesetzlichen Gestaltungen (Verbot oder Erlaubnis) sind derzeit im Einklang mit der EMRK.

Allerdings gab der EGMR dem österreichischen Gesetzgeber mit auf den Weg, die Entwicklung in Zukunft ständig im Auge zu behalten! Die Entscheidung basiert auf den damaligen Verhältnissen, also 1999. Aktuelle Entwicklungen müssten ständig überprüft werden und könnten u.U. Anlass sein, die Streitfrage neu zu bewerten.