Ausgangslage:

Im Rahmen der Notwendigkeit der Heilbehandlung verlangt der BGH bekanntlich (siehe unsere weiteren Artikel in der Rubrik PKV!) das Erreichen einer Erfolgsprognose von 15 % pro Behandlungszyklus bei einer IVF-Behandlung (bezogen auf das Erreichen einer Schwangerschaft). Mit zunehmendem weiblichen Alter sinkt die Erfolgschance.

Die Erfolgsprognose ist anhand des IVF-Registers in Verbindung mit dem weiblichen Alter und der individuellen Umstände des Einzelfalles nach objektiven Kriterien zu ermitteln.

Sachverhalt:

Unsere Mandantin war zum Zeitpunkt der Behandlung (2 IVF-Zyklen) knapp unter bzw. bereits über 46 Jahre alt. Allerdings war die Ovulation regelmäßig und die Stimulierbarkeit gut – bezogen auf ihr kalendarisches Alter überdurchschnittlich gut. Die Frau war also „biologisch“ jünger als es ihrem kalendarischen Alter entsprach. Ihre PKV wollte unter Hinweis auf die Statistik des IVF-Registers und ihr Alter die Kosten nicht übernehmen. Das LG Würzburg verurteilte sie nach Einholung eines sterilitätsmedizinischen Sachverständigengutachtens zur Kostenübernahme (Urteil vom 21.01.2013, rechtskräftig).

Urteil des LG Würzburg:

Das Gericht stellte maßgeblich auf die individuellen Umstände ab. Das DIR-Register habe hier nur eine sehr untergeordnete Aussagekraft wegen der geringen Fallzahlen. In der Statistik seien nur 68 Fälle (Altersgruppe über 45 Jahre) erfasst. In der darunter liegenden Altersgruppe seien es immerhin 1000 Fälle. Eine so kleine Zahlenbasis gebe wenig her, wie auch der Gerichtsgutachter feststellte.

Die verlässlichste Aussagekraft für die Ermittlung der Erfolgsprognose sei der Verlauf der 1. Behandlung (Stimulierbarkeit, Zahl und Qualität der Eizellen etc.). Darauf könne am Ehesten eine Prognose, die den individuellen Umständen gerecht werde, gestützt werden. So wurden hier im 1. Behandlungszyklus 3 Embryonen transferiert (leider ohne nachfolgende Schwangerschaft).

Das DIR-Register hätte für eine 44jährige Frau aufgrund der Daten des 1. Behandlungszyklus eine statistische Erfolgsprognose von über 20 % ergeben, bei einer über 45jährigen hingegen nur 6 %. Dieser große Sprung beim Wechsel von der einen in die nächste Alterskategorie sei medizinisch – bezogen auf 1 Patientin – nicht plausibel, so der Gerichtsgutachter und er werde dem Gebot einer individuellen Bewertung nicht gerecht.

Der Parteigutachter der Beklagten wollte dagegen auf das (kalendarische) Alter unserer Mandantin und die damit für sie ungünstige Prognose aus der Statistik abstellen.

Das Gericht folgte aber dem Gerichtsgutachter und verurteilte die Krankenversicherung auf volle Zahlung der Behandlungskosten an unsere Mandantin.