Die Alte Oldenburger Krankenversicherung wollte unserer Mandantin nach IVF-bedingter Vorgeburt eines Kindes in 2009 nicht mehr die Kosten für 3 weitere IVF-Behandlungszyklen (2. Kind) erstatten, da nach Meinung der PKV dafür keine günstige Erfolgsprognose mehr erreicht wurde. Nach Einholung eines sterilitätsmedizinischen Gutachtens gab jedoch das Landgericht München I der Klage unserer Mandantin überwiegend (2 von 3 Behandlungszyklen) statt (Urteil vom 03.05.2012).

Zum Sachverhalt:

Anfang 2009 war es schon mit der 1. IVF-Behandlung zu einer Schwangerschaft und im September 2009 zur Geburt einer Tochter gekommen. Damals hatte die PKV eine Kostenzusage gegeben. 2011 wünschte sich die Familie ein 2. Kind. Die Frau litt an Endometriose und einer Gelbkörperschwäche. Das war unstreitig. Die PKV bestritt aber, dass die neuerliche Behandlung jetzt noch genügende Erfolgsaussichten habe; die Frau sei mittlerweile 42 (im Juni 1968 geboren) und auch der AMH-Wert sei nicht günstig. Deswegen lehnte sie eine neuerliche Kostenübernahme für die weitere Kinderwunschbehandlung ab – überwiegend zu Unrecht, wie der nachfolgende Prozess ergab.

Das Urteil des Landgerichts München I:

Das Gericht gab nämlich unserer Klage auf Kostenübernahme für die neuerliche Behandlung überwiegend (2 von 3 Behandlungszyklen) statt. Es holte ein sterilitätsmedizinisches Sachverständigengutachten ein. Der Gerichtsgutachter maß der zeitnahen Vorgeburt erhebliche Bedeutung bei. Der nicht günstige AMH-Wert trete dem gegenüber in den Hintergrund, so das Gutachten. Die Prognose gemäß bundesweitem IVF-Register sei, so das Gutachten, im Hinblick auf die Vorgeburt hier zu erhöhen. In der Zusammenschau aller individueller Umstände bejahte der Gutachter die Erfolgsprognose von 15 % für den 1. und 2. Behandlungszyklus, nicht aber für den 3. Zyklus, der nach dem 43. Geburtstag der Frau begonnen wurde.

Dieser Einschätzung schloss sich das Landgericht München an. Die weiblichen Beeinträchtigungen (Endometriose, Gelbkörperschwäche) seien von Krankheitswert. Angesichts des fortgeschrittenen weiblichen Alters sei IVF auch notwendig, da es sich dabei um die erfolgversprechendste Behandlungsvariante handle. Die von der Rechtsprechung geforderte Erfolgsprognose von 15 % (pro Behandlungszyklus) werde, so das Gericht, für Zyklus 1 + 2 noch erreicht. Der von der PKV angeführte AMH-Wert trete gegenüber den anderen Umständen in den Hintergrund; er sei nur ein relativer, nicht aber ein absoluter Indikator für die Erfolgsprognose; außerdem habe sich ein bestimmter AMH-Grenzwert bisher in der Medizin nicht etabliert.