Ein fortgeschrittenes weibliches Alter (41 – 43 Jahre) steht der Kostenübernahme für wiederholte IVF/ICSI – Behandlungen nicht entgegen, wenn die individuelle medizinische Erfolgeprognose günstig ist.

Die Kostenübernahme für Kinderwunschbehandlung steht nach derzeitiger Rechtsprechung bekanntlich unter dem Diktat der ausreichenden medizinischen Erfolgsprognose. Diese korreliert – unter anderem – mit dem weiblichen Alter. Im sogenannten IVF – Register wird darüber seit Jahrzehnten Statistik geführt; dorthin melden die meisten deutschen IVF – Zentren ihre Daten. Allerdings genügt eine „Einstufung“ allein nach Statistik nicht; stets ist der konkrete Einzelfall bei der Ermittlung der medizinischen Prognose zu würdigen.

8 x IVF/ICSI bei weiblichem Alter 41 – 43 (LG München I, Urteil vom 23.12.2014):

Unser Mandant ließ wegen seiner Subfertilität 2 IVF/ICSI – Behandlungszyklen 2012 in Österreich durchführen; die Folgebehandlung ab 2013 fand dann in München statt. Seine Frau war am 24.6.1971 geboren. Seine Krankenversicherung verweigerte jegliche Kostenübernahme mit der Begründung, das fortgeschrittene weibliche Alter erlaube keine günstige Erfolgsprognose mehr. Außerdem sei ein rechnerischer Laborwert, nämlich der LH/FSH – Quotient von 0,41, schlecht und Beleg dafür, dass das Klimakterium bereits eingetreten sei.

Das Landgericht holte auf unseren Antrag ein reproduktionsmedizinisches Sachverständigengutachten zur Beurteilung der medizinischen Erfolgsaussichten der bereits durchgeführten und der bevorstehenden Behandlung ein. Die Gutachterin verwies auf einen guten AMH – Wert, nämlich 2,94 im Alter von 41 Jahren; dies sei weit überdurchschnittlich. Auch der Follikelcount lag erheblich über dem eigentlich zu erwartenden Wert. – Mit anderen Worten: die Frau unseres Mandanten war biologisch jünger als ihr kalendarisches Alter; das heißt: ihre fortpflanzungsrelevanten Funktionen waren altersuntypisch gut und überdurchschnittlich. Demgegenüber hat der rechnerische LH / FSH Quotient von 0,41, auf den sich die Versicherung berief, bei dieser Sachlage nach der Aussage der Gutachterin keine entscheidende Bedeutung.

Das Landgericht gab daher unserer Klage weitgehend statt und verurteilte die Versicherung zur Zahlung von ca. 40.000 € Behandlungskosten. Es verwies auf die gute Ovarreserve bei der Frau des Klägers und den Umstand, dass bei ihr das Klimakterium später als üblich einsetzen wird.

Die verurteilte Versicherung nahm das Urteil des Landgerichts hin und sah von einer Berufung ab.